Landtag

Neue Umfrage – AfD überholt jetzt auch in MV die SPD

Mecklenburg-Vorpommern / Lesedauer: 5 min

Die politische Stimmung kippt auch in Mecklenburg-Vorpommern: In einer neuen Nordkurier-Umfrage steht die AfD so gut da wie nie. Die SPD verliert weiter.
Veröffentlicht:06.07.2023, 05:36

Von:
  • Gabriel Kords
Artikel teilen:

Bislang galt Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich mit den übrigen Bundesländern als sozialdemokratisches Bollwerk – doch diese Hürde ist nun gefallen: Die AfD ist mit 29 Prozent auch in MV weiter im Aufwind und hat in der Wählergunst die SPD (27 Prozent) überholt. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Nordkurier, für die das Meinungsforschungsinstitut INSA 1000 Menschen über 18 Jahren in ganz MV befragte.


Der schon länger bestehende Aufwärtstrend der Rechtsaußen-Partei und der Abwärtstrend der MV-Sozialdemokratie setzen sich damit fort. Es ist der beste Wert, den die MV-AfD je bei einer Landtags-Umfrage erreicht hat.

Immer weniger Machtoptionen gegen die AfD

Die rot-rote Koalition käme nach der Umfrage bloß noch auf 37 Prozent der Stimmen und hätte ihre Regierungsmehrheit eingebüßt. Selbst eine „große“ Koalition aus SPD und CDU hätte rechnerisch keine Mehrheit mehr. Und auch viele populäre Dreier-Bündnisse wie Rot-Rot-Grün oder eine Ampel lägen unter 50 Prozent.

Damit entsteht auch in MV zunehmend ein Bild, bei dem das Bilden einer Regierung gegen die AfD immer schwieriger wird und immer weniger politische Alternativen zulässt.

AfD auch im Westen immer stärker

Doch nicht nur in Ostdeutschland ist die AfD im Aufwind, auch bundesweit hält der Höhenflug der Partei an. In insgesamt drei in dieser Woche veröffentlichten Umfragen der Institute INSA, GMS und Forsa lag der Wert der Partei bundesweit zwischen 19 und 21 Prozent. Alle drei Institute sehen die Kanzler-Partei SPD bei unter 20 Prozent.

Die Reaktionen im politischen Schwerin auf die neuen Zahlen der Nordkurier-Umfrage fallen erwartbar aus – fast alle schieben die Schuld auf die Bundespolitik.

AfD-Landtagsfraktionschef Nikolaus Kramer (Foto: dpa-Archiv)

Natürlich profitieren auch wir vom Bundestrend.

AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer

Selbst Nikolaus Kramer, dessen AfD aktuell in der Wählergunst in Mecklenburg-Vorpommern vorne liegt, geht davon aus, dass er den Höhenflug seiner Partei vor allem der Ampel in Berlin verdankt: „Natürlich profitieren wir auch vom Bundestrend“, sagte der AfD-Landtagsfraktionschef gestern dem Nordkurier: „Die Menschen wollen kein Heizungsgesetz und bekommen durch die Ereignisse in Frankreich ganz genau mit, wohin die verfehlte Migrationspolitik führt.“

Der AfD-Mann sieht allerdings auch in Schwerin eine Mitschuld für die Zahlen: „Die wirklich wichtigen Themen werden von der Landesregierung ignoriert, stattdessen lässt sie lieber Regenbogenfahnen vor öffentlichen Gebäuden hissen.“ Auch das habe seinen Anteil bei der Entwicklung der Sonntagsfrage.

Schwesig schiebt die Schuld auf Heizungsgesetz

Auch für SPD-Chefin Manuela Schwesig ist derweil ausgemacht, dass die Ampel-Regierung ihres Parteifreundes Olaf Scholz (SPD) schuld am Abstieg ihrer Partei im Land ist: „Das entspricht leider der Stimmung, die wir aktuell bei Umfragen in allen ostdeutschen Ländern sehen“, sagte Schwesig gestern dem Nordkurier.

Manuela Schwesig (Foto: Felix Gadewolz)

Weiter sagte die Regierungschefin: „Die Veränderungen gegenüber der letzten Umfrage haben sicher stark mit der Debatte über das Heizungsgesetz zu tun. Sie hat viel Verunsicherung und Ärger in der Bevölkerung gesorgt. Das habe ich bei vielen Gesprächen selbst erfahren.“

CDU: Schwesig wird zur Belastung für die SPD

Bei der CDU sieht man das naturgemäß anders: „Manuela Schwesig wird offenbar so langsam zur Belastung für die SPD“, analysiert CDU-Chef Franz-Robert Liskow. Er gibt sich aber auch selbstkritisch und nennt die Zahlen für die CDU „nicht zufriedenstellend“. Vielmehr profitiere derzeit nur die AfD von der „extrem schlechten Arbeit der Ampelkoalition“.

CDU-Landeschef Franz-Robert Liskow (Foto: dpa-Archiv)

Liskow zieht daraus folgenden Schluss: „Wir werden deswegen noch klarere politische Angebote machen, die den Unterschied zur Politik von Ampel und Rot-Rot verdeutlichen.“

Grüne geben Verhalten der CDU die Schuld

Genau das hält die Co-Chefin des Grünen-Landesverbands MV, Katharina Horn, für einen falschen Weg: „Wenn Merz und Co. den politischen Diskurs immer weiter nach rechts rücken, nützt das hauptsächlich der AfD, die dann als das Original wahrgenommen wird“, glaubt Horn.

Katharina Horn (Grüne) (Foto: dpa)

Weiter schrieb die Grünen-Politikerin dem Nordkurier: „Dass die rechtsextreme AfD in dieser Umfrage als stärkste Partei abschneidet, muss ein Alarmsignal für alle Demokrat*innen sein.“

FDP: Bekommen Unzufriedenheit der Bürger am meisten angeheftet

Auch bei der FDP herrscht Katerstimmung. Landeschef René Domke klagt, seine Partei bekomme vom Bürger „fast allein die vorhandene Unzufriedenheit mit der Bundespolitik angeheftet“ – und das, „obwohl sie mit Vernunft und Sachverstand die Dinge zum Besseren wendet.“

René Domke (FDP) (Foto: dpa)

Domke beteuert: „Wir von der FDP stehen jedenfalls für Modernisierung, für einen Staat, der es den Bürgern einfach macht und der rechnen kann. Wir haben gute Konzepte zum Thema Migration, etwa die konsequente Umsetzung von Recht und Gesetz in Rückführungsverfahren durch eine koordinierende Zentralstelle, die die oft überforderte kommunale Ebene entlasten soll.“

Linke: Zustimmungswert für AfD besorgniserregend

Bei der Linken ist man froh, weiterhin zweistellig zu sein: „Mit unserem stabilen Ergebnis sehen wir uns in unserem Kurs bestätigt. Nichtsdestotrotz müssen wir weiter um Vertrauen werben und alle Anstrengungen unternehmen, mit unseren Konzepten die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen und sie dafür zu gewinnen“, sagt Linke-Fraktionschefin Jeannine Rösler.

Jeannine Rösler (Die Linke) (Foto: NK-Archiv)

Und sie ergänzt: „Der Zustimmungswert für eine Partei, die einen Hort für Demokratie- und Verfassungsfeinde bietet, ist besorgniserregend. Wer demokratisch gewählt wurde, muss noch lange kein Demokrat sein.“

Manuela Schwesig wiederum sieht es genau umgekehrt: Sie weist darauf hin, dass umgekehrt sicher nicht alle, die ihr Kreuz momentan bei der AfD machen würden, deswegen keine Demokraten sind: „Unser Ziel ist ganz klar, diejenigen zurückzugewinnen, die in den letzten Wochen zur AfD gegangen sind.“ Die AfD sei „zumindest in Teilen eine rechtsextreme Partei und damit eine sehr schlechte Alternative.“ Die SPD sei hingegen „das Bollwerk für den Zusammenhalt“.