Schwesig unter Beschuss
Nord Stream 2: Regiert der Kreml in MV jetzt kräftig mit?
Schwerin / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Für Alexander Graf Lambsdorff ist der Fall klar: „Manuela Schwesig tritt in die Fußstapfen von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, denn sie macht ihr Bundesland auf fahrlässige Weise abhängig von Konzernentscheidungen, die letztendlich im Kreml getroffen werden“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion am Mittwoch in einem Interview.
Fest steht: Über die Frage, wie viel Einfluss Moskau und der russische Staat über seinen Konzern Gazprom auf die neue MV-Stiftung zum Weiterbau von Nord Stream 2 haben, wird europaweit kontrovers gestritten – mit zum Teil heftigen Vorwürfen. Der EU-Politiker Niclas Herbst (CDU) beispielsweise bezeichnete den Deal der Schwesig-Regierung „als politische Korruption“. Hintergrund: Bis zu 60 Millionen Euro haben Gazprom und sein Nord Stream Konsortium versprochen, um Umweltschutz-Projekte über die Stiftung zu fördern. Doch diese Stiftung soll auch über ihren „wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb“ den Weiterbau der umstrittenen Ostsee-Pipeline sichern.
Energie-Riese bekommt Zugriff auf Personal
Laut verschiedener Medienberichte bekommt der russische Energie-Riese Gazprom über sein Nord-Stream-Konsortium Zugriff auf wichtige Personalentscheidungen. Im Entwurf der Satzung der MV-Stiftung steht beispielsweise, dass der erste sachverständige Geschäftsführer auf Vorschlag der Nord Stream 2 AG vom Stiftungsrat für drei Jahre berufen werde.
In der Staatskanzlei in Schwerin hält man die Anschuldigungen für nicht gerechtfertigt. „Die Stiftung soll Klimaschutz- und Umweltprojekte in MV auf den Weg bringen. Sie wird selbstverständlich aus Mecklenburg-Vorpommern gesteuert. Dazu gibt es einen dreiköpfigen Vorstand, der mit dem früheren Ministerpräsidentin Erwin Sellering, dem früheren EU-Abgeordneten Werner Kuhn und der Unternehmerin Katja Enderlein aus drei starken Persönlichkeiten aus dem Land besteht. Der Vorstand beruft den Geschäftsführer der Stiftung“, sagte ein Regierungssprecher auf Nordkurier-Anfrage.
Landesregierung war immer für Pipeline
Ein Vorschlagsrecht von Nordstream gäbe es laut Staatskanzlei in Schwerin lediglich für einen Teil der Stiftung, nämlich den Geschäftsbetrieb, der – wenn nötig – die Fertigstellung der Ostseepipeline unterstützen könne. Die Landesregierung habe sich immer für den Bau der Ostsee-Pipeline eingesetzt, so der Sprecher Das Beste wäre, dass endlich die Sanktionen und Sanktionsdrohungen ein Ende haben. Dann würde dieser Bereich der Stiftung nicht benötigt. „In diesem Sinne setzen wir auf die Gespräche der Bundesregierung mit der neuen US-Regierung“, teilte die Staatskanzlei mit.
In der Satzung der Stiftung soll im übrigen auch festgelegt werden, dass die „Geschäftsgrundsätze“ des Stiftungs-Unternehmens „im Benehmen mit der Nord Stream 2 AG“ zu erlassen seien. Außerdem hat sich der Staatskonzern Gazprom zwei der bisher 16 vorgesehenen Kuratoriums-Sitze in der Stiftung gesichert. Ferner nehmen Vertreter der MV-Landesregierung, der Landtagsfraktionen und von Umweltverbänden im Kuratorium Platz.