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Gasversorgung

Nord Stream 2 reicht Beschwerde bei Bundesgerichtshof ein

Karlsruhe / Lesedauer: 3 min

Den stetig steigenden Energiepreisen könnten russische Gaslieferungen durch die fertiggestellte Ostseepipeline Einhalt gebieten. Ein weiteres Gerichtsverfahren macht eine Inbetriebnahme noch in diesem Jahr aber unwahrscheinlich.
Veröffentlicht:05.10.2021, 06:00

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Russisches Erdgas wird steigenden Energiepreisen hierzulande so schnell wohl nicht Einhalt gebieten. Zumindest vorerst nicht mit Gazprom-Lieferungen durch die bereits fertiggestellte Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Für den Abschnitt der Rohrleitung im deutschen Hoheitsgebiet gelten gewisse Vorgaben aus dem Energiewirtschaftsgesetz, die von den Betreibern nicht erfüllt werden.

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Nachdem die Bundesnetzagentur einen Antrag für eine Ausnahmegenehmigung abgelehnt hatte, reichte die Nord Stream 2 AG erfolglos Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Jetzt müssen sich Juristen des obersten deutschen Gerichts mit der Sache beschäftigen: Wie ein Unternehmenssprecher dem Nordkurier am Montag mitteilte, hat Nord Stream 2 beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe Beschwerde gegen die Entscheidung aus Düsseldorf eingereicht.

Wann das Verfahren beginnt und wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, konnte eine Sprecherin des Gerichts noch nicht beantworten. Eine Bearbeitungszeit von mehreren Monaten ist aber durchaus üblich.

Auf die Frage, ob man derzeit noch von einer Inbetriebnahme der neuen Pipeline in diesem Jahr ausgehe, verwies ein Unternehmenssprecher auf ein Interview des Handelsblattes mit Matthias Warnig, dem Chef der Nord Stream 2 AG. Im Juli sagte Warnig, Ziel sei es, „die Pipeline noch in diesem Jahr in Betrieb zu nehmen.”

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In der vergangenen Woche hatte aber auch Klaus-Dieter Maubach, Chef des Energiekonzerns Uniper, seine Skepsis mit Blick auf eine baldige Inbetriebnahme zum Ausdruck gebracht. Uniper ist ein großer Gazprom-Kunde und hatte den Bau der Pipeline mitfinanziert. Maubach geht davon aus, " dass diese Pipeline uns in diesem Winter nicht mehr hilft.“

Neben dem Verfahren vorm Bundesgerichtshof stehen zwei weitere juristische Entscheidungen zum Betrieb der Pipeline aus: zu einer Nichtigkeitsklage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union sowie zu einem geheimen Verfahren vor einem Investitionsschiedsgericht.

Die Kernfrage des Konflikts lautet, welche Regelungen für den Betrieb der Pipeline greifen. Entsprechend einer überarbeiteten EU-Richtlinie darf etwa laut Energiewirtschaftsgesetz der Betreiber der Pipeline nicht zeitgleich der Gaslieferant sein. Außerdem müsste Nord Stream 2 den Regelungen nach auch – ähnlich wie bei Strom- und Datennetzbetreibern – anderen Anbietern die Nutzung der eigenen Infrastruktur ermöglichen.

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Die Preise für Erdgas haben derweil laut Uniper-Chef Maubach „historische Höchststände” erreicht. Im Großhandel koste eine Megawattstunde Gas zur Lieferung im ersten Quartal kommenden Jahres inzwischen über 90 Euro, vor einem Jahr habe der Preis noch weniger als 10 Euro betragen. Ähnlich sei die Entwicklung beim Strom.

Maubach nimmt Gazprom gegen Vorwürfe in Schutz, mit einer Verknappung der Lieferungen den Preisanstieg verursacht zu haben. „Die Russen liefern wie in den letzten 50 Jahren zuverlässig.” Alle Verträge würden eingehalten. Allerdings liefere Gazprom wohl nicht über die vereinbarten Mengen hinaus.

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Bis zum Beginn der Heizsaison hätten 58 Gasgrundversorger bereits ihre Preise erhöht oder Preiserhöhungen angekündigt, berichtete das Vergleichsportal Check24. Im Durchschnitt betrügen die Preiserhöhungen 11,5 Prozent und beträfen gut 330.000 Haushalte. Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden bedeute das zusätzliche Kosten von durchschnittlich 172 Euro pro Jahr.