Nordosten sitzt Impfpflicht für Gesundheitsberufe aus
Neubrandenburg / Lesedauer: 2 min

16 Jahre war Helmut Kohl Bundeskanzler. Ihm wurde eine Haupteigenschaft nachgesagt: Der CDU-Politiker konnte Probleme aussitzen und somit so manche politische Klippe umschiffen. Fragt man in den zuständigen Gesundheitsämtern der Landkreise Uckermark, Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern-Greifswald nach der gesetzlich vorgeschriebenen, einrichtungsbezogenen Impfpflicht in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen nach, erinnert der Eifer eben an jenen Bundeskanzler aus den 80- und 90er-Jahren des vorherigen Jahrhunderts. Motto: Das Gesetz gilt eh nur bis zum Jahresende.
Da zieht man die Verfahren in die Länge, versteckt sich hinter Papierkram, Fragebögen, Anträgen und vielen Anhörungen. Das Spiel auf Zeit scheint aufzugehen. In den genannten Landkreisen sind die wenigsten Fälle abgeschlossen, Beschäftigungs- oder Betretungsverbote sind noch gar nicht ausgesprochen worden. Schließlich, so der erklärende Tenor, werde das Personal in den ohnehin in der Regel dünn besetzten Gesundheitsberufen dringender denn je benötigt, ob ungeimpft oder nicht.
Knapp 2500 Fälle in drei Landkreisen
In Zahlen ausgedrückt: In der Uckermark befasst sich das Gesundheitsamt mit 160 Fällen – Verfahren und Anhörungen laufen, ab dem 27. August werden für Ungeimpfte spezielle Impftermine angeboten. Anschließend schaue man weiter und werde je nach Einzelfall entscheiden, teilte eine Sprecherin mit.
Im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte laufen 705 Verfahren gegen als ungeimpft gemeldete Mitarbeiter, lediglich 297 sind abgeschlossen. In Vorpommern-Greifswald gab es 1612 Meldungen, ein Viertel wurde erst abgeschlossen.
Ministerin auf den Spuren von Kanzler Kohl
Mittlerweile steht auch Stefanie Drese (SPD), Gesundheitsministerin Mecklenburg-Vorpommerns, nicht mehr auf dem Gaspedal, wenn es um das Gesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht geht. Während die SPD-Politiker im Mai die Anzahl der ungeimpften Mitarbeiter aus dem Gesundheitsbereich anzweifelte und Druck auf die Einrichtungen machte, doch bitteschön vollständig zu melden, hört sich das aus ihrem Mund heute so an: „Der Schutz vulnerabler Gruppen ist nach wie vor einer der wichtigsten Ansprüche der Landesregierung im Umgang mit der Pandemie. Richtig ist aus Sicht der Ministerin aber, dass die Versorgungssituation als ein Gesichtspunkt bei der Bewertung eines jeden Einzelfalles berücksichtigt wird.“
Mit anderen Worten: Wer gut begründet, warum er nicht auf genau jenen ungeimpften Mitarbeiter im Pflegeheim oder im Krankenhaus verzichten kann, hat fast schon gewonnen und das Gesetz umschifft beziehungsweise das Problem ausgesessen.
Dass das nicht überall in Deutschland funktioniert, zeigen aktuelle Zahlen aus Hamburg. In 160 Fällen hat die Sozial- und Gesundheitsbehörde der Hansestadt jetzt ungeimpften Beschäftigten verboten, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.