Urteil
Not-OP an Gesetz soll Kostenfalle bei Müllgebühren verhindern
Schwerin / Lesedauer: 3 min

Jörg Spreemann
Das Unheil stand mitten in der Urteilsbegründung und überraschte sogar die Anwälte der Kanzlei, die den Landkreis Vorpommern-Rügen beim Oberverwaltungsgericht Greifswald vertreten hatten. Zwar stampften die Richter die Abfallgebührensatzung des Landkreises nicht in Grund und Boden. Eine Hausaufgabe bekam die Verwaltung vor einem Jahr doch mit auf den Weg: Das Gericht befand im Kern, dass Abfallgebühren nach geltender Gesetzeslage nicht dahingehend gestaffelt sein dürfen, dass Müll nur deshalb zum Beispiel weniger kostet, wenn er in einem großen Container entsorgt wird. Dadurch fehle ein Anreiz, möglichst wenig Müll zu machen.
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Genau das ist aber Praxis im Land, wie ein Blick in die Abfallsatzungen der Landkreise zeigt. So kostet aktuell in der Seenplatte in der 60-Liter-Tonne ein Liter Müll, wenn er alle 14 Tage entsorgt wird, 2,03 je Liter und Jahr. Im 1100-Liter-Container, wie er in Plattenbauvierteln zum Einsatz kommt, liegt der Literpreis bei 1,35 Euro. Im Landkreis Rostock ist das Gefälle zwischen diesen Behältergrößen mit 2,14 zu 0,97 Euro je Liter noch größer, in Vorpommern-Greifswald kostet der Liter in der kleinen Tonne 1,87 Euro, im Großcontainer dagegen 1,11 Euro.
Kostenfalle liegt in den Details
Als erstes hat die CDU erkannt, welche Kostenfalle im Urteil schlummert. Würden jetzt die Landkreise gesetzestreu ihre Gebührensatzungen an die neue Rechtslage anpassen, wäre das Ergebnis, „dass die Abfallgebühren für größere Behälter steigen, was für insbesondere Bewohner von Mehrfamilienhäusern steigende Abfallgebühren bedeuten würde”, warnt der Abgeordnete Thomas Diener. Seine Fraktion habe schon im September im Landtag als Alternative vorgeschlagen, das Kommunalabgabengesetz zu ändern und damit auf diesem Weg dem Urteil Folge zu leisten. Und tatsächlich: Wie das Gefälle der Gebühren sichtbar macht, müssten Mieter mit höheren Abfallkosten im zweistelligen Prozentbereich rechnen, würde die Politik die Hände in den Schoß legen.
Diener ist sauer: Während im September der CDU-Entwurf mit der Mehrheit der rot-roten Koalition abgeschmettert worden sei, habe jetzt die Landesregierung in einem eigenen Entwurf die Idee aufgegriffen. „Es ist frech, mit welcher Selbstherrlichkeit SPD und Die Linke die Initiativen der CDU-Fraktion abbügeln, um dann ein paar Tage später mit dem gleichen Thema höchstselbst um die Ecke zu kommen”, ärgert sich Diener. Jetzt soll die Regelungslücke im November geschlossen werden. Die CDU werde „selbstverständlich” zustimmen, kündigt er an.
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Laut dem Nordkurier vorliegenden Gesetzentwurf von Rot-rot wird den Landkreisen eine goldene Brücke gebaut. So soll künftig in Paragraf 6 des Kommunalabgabengesetzes ausdrücklich eine degressive Staffelung von Müllgebühren erlaubt sein. Kostenvorteile, die bei der Entsorgung großer Behälter entstehen, dürften an die Nutzer weiter gegeben werden, heißt es in der Erläuterung des Entwurfs, die auch im feinsten Amtsdeutsch die Alternative des Nichthandels benennt. Es drohe die Gefahr der „Feststellung der Gesamtnichtigkeit” von Abfallsatzungen.