Neue Dokumente

NPD-Kaderschmiede schulte AfD-Landeschef Augustin

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Dem Co-Vorsitzenden der AfD MV, Dennis Augustin, droht der Rauswurf aus seiner Partei. Dem Nordkurier liegen Dokumente vor, die seine frühere Mitgliedschaft bei der NPD belegen könnten. Mit dieser Vergangenheit dürfte er kein AfD-Mitglied bleiben.
Veröffentlicht:26.06.2019, 19:15
Aktualisiert:06.01.2022, 14:30

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Der Co-Vorsitzende des AfD-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Dennis Augustin, hat im Jahr 1989 an einem parteiinternen Ausbildungslehrgang der NPD teilgenommen. Das belegen Fotos in einer Ausgabe der NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme” aus dem Jahr 1989, auf denen der gebürtige Hamburger zu sehen ist.

Auf einem der Fotos überreicht der ehemalige NPD-Bundesvorsitzende und Noch-Europaparlaments-Abgeordnete Udo Voigt, auch damals schon als NPD-Kader aktiv, Dennis Augustin eine Urkunde. Neben dem Foto ist zu lesen: „Gratuliere, Kamerad Denis Augustin aus Schleswig-Holstein: Grundlehrgangs-Bester!” Auf einem anderen Foto ist der damals 19-jährige Augustin unter anderem mit Udo Voigt, dem ehemaligen NPD-Vizechef Ulrich Eigenfeld und dem ehemaligen NSDAP-Mitglied und Deutsche-Stimme-Chefredakteur Karl-Heinz-Vorsatz zu sehen.

Fotos entstanden bei Lehrgang in Norditalien

In der NPD-Parteizeitung ist auch der Kontext dieser Fotos nachzulesen: Sie sind in Norditalien entstanden, in Iseo in der Lombardei, wo sich damals das Ausbildungslager der NPD befand. Udo Voigt leitete das „Nationaldemokratische Bildungszentrum” zwischen 1986 und 1993. Dort wurden sogenannte „Grundlehrgänge” organisiert, die vielversprechende Parteikader auf eine politische Zukunft in der rechtsextremen Partei vorbereiten sollten. Eingeladen wurden Mitglieder der NPD oder ihrer Jugendorganisation, der Jungen Nationalisten.

Aus einem Interview, das das NPD-Organ "Deutsche Stimme" mit dem in der Partei für den Bereich Bildung zuständigen Cottbusser NPD-Funktionär Ronny Zasowk führte, geht hervor, dass die Schulungen zwischen 1987 und 1994 ausschließlich für "politische Nachwuchskräfte der Partei" zugänglich waren. In sieben Jahren wurden nach Zasowaks Aussage "mehr als 300 Nationaldemokraten" geschult. Daher dürften die Fotos als starke Indizien dafür gelten, dass Dennis Augustin Mitglied einer dieser beiden Organisationen war. Der Nordkurier hat Augustin am Mittwoch auf verschiedenen Wegen kontaktiert und zu befragen versucht – bislang erfolgte keine Reaktion.

Ein ehemaliger hochrangiger Funktionär verschiedener rechtsextremer Parteien bestätigte gegenüber dem Nordkurier die Einschätzung, dass Augustin Mitglied einer der beiden Organisationen gewesen sein muss: "Die Teilnahme an einer solch teuren Ausbildung dürfte nicht nur beweisen, dass die Person Parteimitglied war, sondern auch, dass die Parteioberen sie zu Höherem auserwählt hatten."

Augustin steht AfD-intern ohnehin in der Kritik

Die Fotos könnten den 49-Jährigen seine Mitgliedschaft in der AfD und mithin auch seinen Posten als Vorsitzender des MV-Landesverbands kosten, den er seit November 2017 gemeinsam mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten Leif-Erik Holm innehat. Denn in der AfD gibt es eine sogenannte Unvereinbarkeitsliste. Aktive oder ehemalige Mitglieder von Organisationen, die auf dieser Liste geführt sind, dürfen der AfD nicht beitreten. Sowohl NPD als auch JN werden auf dieser Liste genannt.

Gerüchte über eine ehemalige Mitgliedschaft des gebürtigen Hamburgers Augustin in der NPD oder der JN halten sich seit Längerem. Vor allem die enge Verbindung zum Lübtheener Schlossherren Philip Steinbeck nährten diese bisher unbestätigten Mutmaßungen. Steinbeck stand 2011 auf einer Spenderwerbeliste der NPD, arbeitete in den 1990ern für die Landtagsfraktion der rechtsextremen Partei "Deutsche Liga für Volk und Heimat" in Schleswig-Holstein und unterhielt enge Kontakte zum 2009 verstorbenen früheren Hamburger NPD-Chef Jürgen Rieger.

Augustin mischt bei antiislamischer „Schlossgruppe” mit

Zusammen haben Augustin und Steinbeck die sogenannte "Schlossgruppe" gegründet, eine offen antiislamische Strömung innerhalb des AfD-Landesverbandes MV, die sich in der Tradition der christlichen Kreuzritter des Mittelalters im Kampf gegen den Islam sehen.

Ein ehemaliges NPD-Mitglied aus Schleswig-Holstein hatte gegenüber dem Nordkurier bereits vor Wochen ausgesagt, Dennis Augustin als Führungskader der JN zu kennen. Beweise dafür seien aber bei einem Wohnungsbrand vernichtet worden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz veröffentlichte im Januar ein Gutachten bezüglich möglicher verfassungsfeindlichen Bestrebungen in der AfD. Dennis Augustin, der in der Vergangenheit Muslime als „Halbaffen” bezeichnet hatte und den Islam in Deutschland verbieten will, spielte dabei eine erhebliche Rolle.