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Krankenhausreform

Ostdeutsche Kliniken fürchten um ihre Existenz

Berlin / Lesedauer: 2 min

Mit einer stärkeren Spezialisierung der einzelnen Kliniken will die Ampelkoalition die Krankenhauslandschaft neu gestalten. Im ländlichen Raum sind Fragen offen.
Veröffentlicht:29.04.2023, 08:09

Von:
  • Nordkurier
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Hohe Inflation, explodierende Energiepreise, dramatischer Personalmangel und ein Finanzierungssystem, das Fehlanreize setzt — ein brisanter Mix, der viele kleinere Kliniken gerade im ländlich geprägten ostdeutschen Raum an den Rand der Existenz drückt. Die Bundesregierung will gegensteuern – mit einer Krankenhaus-"Revolution“, wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Dezember 2022 angekündigt hat. 

Mittlerweile ist aus der „Revolution“ eine Reform geworden, die innerhalb einer eigens eingesetzten Regierungskommission vorbereitet und im Herbst mit einem Entwurf in das parlamentarische Gesetzesverfahren gelangen soll. Bis dahin gibt es jede Menge Gesprächsbedarf. Um den Informationshunger zu stillen, hatten am Freitag die drei SPD–Bundestagsabgeordneten Johannes Arlt (Mecklenburgische Seenplatte), Wiebke Papenbrock (Prignitz/Havelland) und Herbert Wollmann (Altmark) aus den drei größten und am dünnsten besiedelten Landkreisen Deutschlands Vertreter ihrer Krankenhäuser vor Ort nach Berlin eingeladen. Dort stand mit Christos Pantazis ein langjähriger Arzt und der Gesundheitsexperte der SPD–Bundestagsfraktion Rede und Antwort.

Für Husten und Schnupfen reicht's noch

Pantazis machte deutlich, dass es in den Städten eine Überversorgung, auf dem Land eine Unterversorgung gebe. Heißt für die anstehende Reform: „Die Entfernungen, die in manchen Regionen zwischen zwei Krankenhäusern liegen, müssten ebenso zur Kenntnis genommen werden, wie die demographischen Entwicklungen. Deshalb sollen beispielsweise die Kliniken eine von der Einwohnerzahl ihrer jeweiligen Region abhängige Vorhaltepauschale für ihre Betriebskosten erhalten.“

Insgesamt sieht die Reform eine stärkere Konzentration und Spezialisierung der Krankenhäuser vor. Dabei sollen Kliniken in mehrere Versorgungslevel eingeteilt werden. Abhängig davon sollen bestimmte Fachbereiche, etwa die Geburtshilfe, nicht mehr an allen Kliniken angeboten werden.

„Dass bei unseren kleineren Krankenhäuser dann womöglich nur noch Husten und Schnupfen behandelt würden, hätte große Auswirkungen auf die Attraktivität“, befürchtet Jan Weyer, Geschäftsführer an der DRK–Klinik in Neustrelitz, dass die Ärzte um den ländlichen Bereich dann erst recht einen großen Bogen machen würden.

Geld wird falsch ausgegeben

In dem Zusammenhang verwies Karsten Krüger, Geschäftsführer des Krankenhauses Perleberg in der Prignitz, darauf, dass schon jetzt zig Ärzte täglich aus Berlin nach Perleberg pendelten. Sobald diese Ärzte allerdings einen Job in Berlin finden würden, wären die wohl schnell aus Perleberg weg. 

Gudrun Kappich, Geschäftsführerin des Neubrandenburger Dietrich-Bonhoeffer-Klinikums, kritisierte, dass das Geld im Gesundheitswesen oftmals falsch ausgegeben werde. Beispiel: „Kaiserschnitte werden mancherorts nur deswegen durchgeführt, weil sie besser vergütet würden. Umgekehrt würden Leistungen, die auch in ambulanten Praxen durchgeführt werden könnten, von den Kassen oft nicht vergütet.“