StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernPflege in MV in Not – und keine Hilfe von der Politik

Prekäre Finanzlage

Pflege in MV in Not – und keine Hilfe von der Politik

Schwerin / Lesedauer: 3 min

In der Pflegebranche brodelt es: Die Vorfinanzierung von Lohnerhöhungen treibt viele Pflegedienste in MV an den Rand des Ruins. Der Druck auf die Sozialministerin wächst.
Veröffentlicht:04.07.2023, 11:05

Von:
  • Andreas Becker
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Seit Monaten steht in Mecklenburg–Vorpommern die prekäre finanzielle Situation der Pflegedienste auf der politischen Tagesordnung — doch geholfen wurde den Betroffenen bisher noch nicht.

Offener Brief an die SPD

Entzündet hatte sich die Auseinandersetzung „an allgemeingültigen Tarifverträgen, die eine längst fällige und gewollte Lohnsteigerung für die Mitarbeiter in der Altenpflege brachten, von den Kranken– und Pflegekassen aber nicht in voller Höhe anerkannt und refinanziert werden“, hieß es bereits im Frühjahr aus dem in Mecklenburg–Vorpommern neu gegründeten Netzwerk „Pflege in Not“. Die Lohnerhöhungen aus dem September 2022 und Februar 2023 seien von den Pflegediensten vorfinanziert worden.

Jetzt hat das Netzwerk seinen Unmut über die SPD–geführte Landesregierung in einem offenen Brief an SPD–Fraktionschef Julian Barlen und die SPD–Abgeordnete Christine Klingohr zum Ausdruck gebracht. Klingohr hatte zuvor in einer Pressemitteilung betont, dass „gute Pflege für die Pflegebedürftigen, gute und empathische Versorgung entsprechend bezahlt werden muss“.

Doch genau dies sei nicht das Problem entgegnet die Interessensgemeinschaft aus der Pflege, deren offener Brief von vielen Pflegediensten unterzeichnet worden ist. „Unser Anliegen sind nicht die gestiegenen Gehälter in der Pflege, die begrüßen wir, da auch wir der Meinung sind, dass unsere Angestellten gut und fair für ihre Arbeit entlohnt werden müssen“.

Aus Helden-Status wurde Misstrauen

Vielmehr will das Netzwerk mit Nachdruck darauf hinweisen, dass die Refinanzierung der gestiegenen (Lohn-)Kosten sowohl für die Arbeitgeber als auch die Pflegebedürftigen abgesichert sein müsse und dies aber bisher nicht geschehen sei. In der Corona–Krise seien die Mitarbeiter in der Pflege noch die Helden gewesen, doch jetzt begegne man der Pflegebranche mit Misstrauen, heißt es in dem offenen Brief.

„Außer freundlichen Worten“ sei von der Landesregierung nichts gekommen. „Wo sind Ihre Konzepte?“, fragt das Netzwerk in Richtung Landesregierung und der zuständigen Sozial– und Gesundheitsministerin Stefanie Drese. Die hatte im Landtag im Juni gesagt, dass mehr Personal gewonnen werden müsse und sich die Arbeitsbedingungen für Pflegemitarbeiter verbessern müssten. „Wir müssen eine ehrliche Diskussion über die Finanzierung aller wünschenswerten Maßnahmen führen“, so die SPD–Ministerin vor dem Parlament.

Insolvenzen im ambulanten Pflegebereich drohen

Doch das reicht weder dem Netzwerk „Pflege in Not“ noch der größten Oppositionspartei im Landtag. "Landes– noch die Bundesregierung reagieren nicht sachgerecht auf die Notlage in der ambulanten Pflege. Unser Antrag auf Einrichtung eines Hilfsfonds in Höhe von fünf Millionen Euro zur Unterstützung ambulanter Pflegedienste wurde vom Landtag mit der Begründung abgelehnt, dass es diesen nicht bräuchte“, kritisiert Thoma de Jesus Fernandes, sozialpolitischer Sprecher der AfD–Fraktion — und verweist nach Bayern.

Dort sei ein mit 160 Millionen Euro ausgestatteter Härtefallfonds zur Unterstützung von ambulanten und stationären Pflegediensten bereit gestellt worden. „In MV legt Rot–Rot aber lieber die Hände in den Schoß und verweist auf den Bund." Die Zeit dränge, reihenweise drohten Insolvenzen im ambulanten Pflegebereich, warnt Fernandes.