Punk-Sänger rechnet nach Prozess ab
Güstrow / Lesedauer: 3 min

Jan Gorkow fuhr im großen Tourbus vor, als er am Montag als einer von drei Angeklagten zum Prozess im Amtsgericht Güstrow antreten musste. Dem Sänger der Punkband „Feine Sahne Fischfilet” wurde vorgeworfen, 2015 am Rande einer Kundgebung in einem Tumult Neonazis mit Flaschen und Stühlen beworfen zu haben. Allerdings war die Beweislage dürftig, die als Zeugen geladenen Polizisten hatten Gedächtnislücken und die Verhandlung endete noch am selben Tag mit einem Freispruch.
Die Angeklagten äußerten sich im Gerichtssaal nicht, Fragen wurden dort nur von den Anwälten beantwortet. Dafür ließ sich Gorkow vor und nach der Verhandlung filmen. Das Video wurde bereist kurz nach dem Freispruch auf der Facebook-Seite der Band veröffentlicht. „Das ist der Oberhammäää!”, freut sich darin der Musiker aus Jarmen. Es habe vor Gericht keine Beweise, die gegen ihn sprechen, gegeben, weil er schlicht nichts getan habe. Neben der Freude steckt in dem Video aber auch eine Menge Kritik.
Laut Gorkow verharmlose der Staat „Nazi-Gewalt” und dies hätte auch dieser Prozess in Güstrow gezeigt. „Jeder, der sich dagegen gerade macht, hat mit so einer Scheiße zu rechnen.” Obwohl es eindeutige Foto- und Videoaufnahmen der Auseinandersetzung (diese werden auch im Video gezeigt) gegeben habe, hätte offenbar die später korrigierte Aussage einiger Polizisten mehr gezählt, sodass es überhaupt erst zu einer Anklage kam. Immer wieder hätte es Anfragen von Anwälten und Landtagsabgeordneten bei der Staatsanwaltschaft gegeben, die entweder nicht oder falsch beantwortet wurden.
Ermittlungen für zweieinhalb Jahre unterbrochen
Die Demonstration in Güstrow wurde für und von Flüchtlingen organisiert. Eine Gruppe stadtbekannter Neonazis habe sie offenbar aufmischen wollen, was bereits einige Tage zuvor bei Facebook angekündigt wurde, wie im Video anhand einiger Screenshots gezeigt wird. Dennoch habe die Polizei an diesem Tag überrascht und überfordert gewirkt, so Gorkow. Hätten er und andere Demonstrationsteilnehmer sich nicht schützend vor die Asylbewerber gestellt, hätte es womöglich Verletzte gegeben.
Weiterhin bemängelt Gorkow, dass die Verfahren gegen die Angreifer-Gruppe eingestellt wurden. Darunter befand sich ein damaliger NPD-Stadtvertreter. Erst jetzt, zweieinhalb Jahre später, offenbar nachdem der NDR eine Nachfrage gestellt hatte, hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder aufgenommen.
Trotz allem hatte Gorkow aber auch nette Worte für Gericht und Staatsanwaltschaft übrig. Nach dem Prozess brach die Band direkt zu einem Konzert nach München auf, wo sie mit den „Toten Hosen” auftraten. Im nächsten Jahr kommt ein neues Album heraus. Eine bessere Promotion als diese Gerichtsverhandlung hätte es somit nicht geben können.
„Barista, Barista, Antifascista”
Für reichlich Erheiterung sorgt inzwischen auch ein Tweet der Thüringer Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss, die als Zuschauerin im Gerichtssaal war.
Der Schlachtruf lautet eigentlich „Alerta Alerta, Antifascista!” und wird in der Regel auf antifaschistischen Demonstrationen skandiert.
Inzwischen sind zahlreiche Twitter-Nutzer auf diesen Witz eingestiegen. Offenbar gibt es bereits Pläne für ironische T-Shirts mit dem Spruch.