Justizposse

Rabauken-Affäre: Staatsanwaltschaft unter Druck

Neubrandenburg / Lesedauer: 2 min

Selten hat ein harmloses Wortspiel in einer Zeitungsüberschrift so viel Wirbel ausgelöst: „Rabauken-Jäger“. Im Zuge der immer schriller werdenden Affäre könnte sich nun sogar ein Generalstaatsanwalt strafbar gemacht haben.
Veröffentlicht:12.06.2015, 11:30
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Von:
  • Author Imagedpa
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Es handele sich „offenkundig um keine Straftat“, zu dieser Einschätzung kommt der renommierte Strafrechtler Holm Putzke in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). Der Lehrstuhlinhaber an der Universität Passau kann in einem Kommentar des Nordkurier-Chefredakteurs Lutz Schumacher über das Vorgehen der Justiz gegen unsere Zeitung keine Rechtswidrigkeit erkennen.

Schumacher hatte dem zuständigen Staatsanwalt am Amtsgericht Pasewalk in einem Meinungsbeitrag vorgeworfen, sich mit „Schaum vor dem Mund“ über die Presse zu ereifern. Daraufhin leitete MV-Generalstaatsanwalt Helmut Trost nach Angaben des Justizministeriums umgehend ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung gegen Schumacher ein.

Verfolgung Unschuldiger

Für Putzke ein klarer Fall: „Leicht dürfte der Nachweis zu führen sein, dass die Beteiligten absichtlich oder wissentlich einen Unschuldigen verfolgen. Die Behauptung des Gegenteils wäre eine reine Schutzbehauptung.“ Der Strafrechts-Experte führt dazu den Paragrafen 344 des Strafgesetzbuches an. Das Gesetz sieht für die „Verfolgung Unschuldiger“ eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren vor, in minder schweren Fällen bis zu fünf Jahren. Die Presse genießt in Deutschland einen besonderen Schutz, vor allem dann, wenn es um Meinungsbeiträge geht, die als solche gekennzeichnet sind.

Die FAZ spekuliert zudem über die Hintergründe der „Rabauken-Jäger“-Affäre und stellt einen Zusammenhang zu MV-Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) her. Die Ministerin hat die Aufsicht über den Generalstaatsanwalt. 2011 unterlag Kuder bei der Landratswahl in Vorpommern-Greifswald ihrer Kontrahentin Barbara Syrbe von der Linkspartei. Die Berichterstattung des Nordkurier sei damals „teilweise hämisch“ gewesen, schreibt das Blatt und lässt offen, ob es sich bei den aktuellen Vorgängen um eine Retourkutsche handeln könnte.

Auslöser der Affäre war ein Artikel des Nordkurier-Redakteurs Thomas Krause über einen Jäger, der ein totes Reh an seiner Anhängerkupplung hinter sich herzog. Wegen der Überschrift „Rabauken-Jäger erhitzt die Gemüter“ wurde Krause auf Betreiben der Generalstaatsanwaltschaft zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt. Der Fall löste bundesweite Empörung aus. Jäger und Justizministerin sind beide CDU-Mitglieder im Landkreis Vorpommern-Greifswald.