Der bröckelnde Dom

Rettung vom Land in Sicht

Greifswald / Lesedauer: 3 min

Zentimeterdicke Risse im Mauerwerk und marode Zuganker lassen Statiker seit langem Alarm schlagen. Rund fünf Millionen Euro kostet die Sanierung von Turm und Kirchenschiff. Jetzt gibt es Hoffnung.
Veröffentlicht:10.01.2014, 18:35
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Manchmal plagen den Greifswalder Dompfarrer Matthias Gürtler schlaflose Nächte. Akute Einsturzgefahr bestehe für den Dom zwar noch nicht, besänftigt Statiker Jens-Uwe Schwepler. Aber es gebe besorgniserregende Anzeichen für eine drohende Instabilität. „Das dürfen wir nicht auf die lange Bank schieben!“ Größte Sorge bereiten dem Experten vor allem jene Holzzuganker, die einst im Innern des Kirchenschiffes eingezogen waren, um die schlanken, steil aufragenden Giebel zusammenzuhalten. Inzwischen sind schon mehrere Anker gebrochen.

„Ein Versagen der Anker wäre katastrophal“, warnt Schwepler, der einen möglichst baldigen Einzug zusätzlicher Rundstahlankern vorschlägt. Für bedenklich halten Architekten und Denkmalpfleger auch gewaltige Risse im Nordschiff. Vor 25 Jahren, als der Dom nach millionenschwerer Hilfe aus dem Westen saniert und von DDR-Staatschef Erich Honecker wieder eingeweiht wurde, waren diese Fugenbrüche kaum zu sehen. Heute sind sie stellenweise schon bis zu sieben Zentimeter breit. Vorsorglich wurden Messgeräte installiert, die bei einem weiteren Auseinanderklaffen alarmieren sollen. Auch im Orgelbereich machen sich Risse breit, vermutlich weil der Fuß des Glockenstuhls beim Läuten mitunter mit mehr Wucht als zulässig gegen die Mauer schlägt.

Fünf Millionen Euro für die Außenhülle

Als die Schäden vor fünf Jahren sichtbar zunahmen, waren die Arbeiten zur Innensanierung vorerst gestoppt worden. Es mache keinen Sinn, im Domraum zu arbeiten, wenn die Standsicherung gefährdet sei und sich Feuchtigkeit und Schwamm ausbreite, sagt der seinerzeit eingesetzte Dombaukoordinator Stefan Scholz. Die viel notwendigere Beseitigung von Bauschäden sowie die Sanierung von Dachstuhl, Fassade und Fenstern beziffern die Experten heute auf fünf Millionen Euro – eine Summe, die jeden Kirchenfonds bei weitem überfordert.

In einem einzigartigen Kraftakt gelang es, viele Partner für die Rettung des Nationalen Denkmals Greifswalder Dom zu gewinnen. „Inzwischen haben insgesamt neun Geldgeber Mittel in Höhe von knapp 4,3 Millionen Euro zugesagt oder in Aussicht gestellt“, sagt der Greifswalder Bischof Hans-Jürgen Abromeit. Demnach wollen Förderverein und Domgemeinde, die zur Rettung der Kathedrale sogar ihr Pfarrwitwenhaus verkaufte, 290 000 Euro aufbringen. Zuletzt kündigte kurz vor dem Jahreswechsel die Reemtsma-Stiftung 800 000 Euro an. Die gleiche Summe Städtebaufördermittel sicherten Bund, Land und Stadt zu. Weitere Zuwendungen sollen von der Krupp-Stiftung (820 000 Euro), der Kulturbeauftragten des Bundes (640 000), der Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern (240 000), der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (240 000), der Stiftung für kirchliches Bauen (21 000) und dem Kirchenkreis (30 000) kommen.

Minister sichert Unterstützung zu

Das Problem: Fast alle Förderer machen ihre Zusagen davon abhängig, dass die Gesamtfinanzierung von fünf Millionen Euro steht. „Wir brauchen eine schnelle Entscheidung“, mahnt der Bischof, der am Freitag mit Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) in den maroden Dachstuhl stieg, um ihn um mehr Hilfe zu bitten, damit die Lücke der noch fehlenden rund 700 000 Euro geschlossen werden kann. Nach einstündiger Beratung signalisierte der Gast zusätzliche Unterstützung: „Wir werden in unserem Ministerium überlegen, wie wir kurzfristig noch Mittel locker machen können.“ Und weil der Dom auch für weltliche Veranstaltungen wie Konzerte genutzt werde, wolle er auch mit dem Innenministerium über eine zusätzliche Förderung sprechen. „Ich denke, das kriegen wir bis Ostern hin“, versprach der Minister.