Ausbildung

Run auf Lehrstellen sorgt für Überraschung im Corona-Jahr

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Gegen den Bundestrend: Im Osten Mecklenburg-Vorpommerns haben sich mehr junge Leute für eine Lehre in der Heimat entschieden. Und für alle, die in diesem Jahr die Schulen beenden, gibt es einen wichtigen Tipp.
Veröffentlicht:08.01.2021, 05:56
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Von:
  • Author ImageJörg Spreemann
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Mit diesem Ergebnis hätte noch vor einem halben Jahr, der erste Lockdown war gerade beendet, kaum jemand gerechnet. Im Osten Mecklenburg-Vorpommerns hat die Wirtschaft im Jahr 2020 mehr junge Leute für einen Ausbildungsvertrag begeistern können.

Während sich in Industrie und Handel in der Seenplatte und in Vorpommern-Greifswald mehr als 1300 Mädchen und Jungen für eine Lehrstelle entschieden haben, meldet das Handwerk der Region ebenfalls 1300 abgeschlossene Ausbildungsverträge. Damit haben sich nach Angaben der zuständigen Kammern im Vergleich zum Vorjahr ein beziehungsweise zwei Prozent mehr junge Leute entschieden, in der Heimat einen Beruf zu erlernen. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung wurden dagegen deutschlandweit elf Prozent weniger Verträge geschlossen.

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Bewerbung als Hindernislauf

„Das war für uns eine echte Überraschung“, sagt Ellen Grull, Ausbildungschefin der IHK Neubrandenburg. Nach den Corona-Einschränkungen mit einen Minus von 30 Prozent bei Lehrverträgen zur Jahresmitte habe die Aufholjagd begonnen.

„Noch bis zum letzten Tag des vergangenen Jahres wurden Vertragsabschlüsse gemeldet“, berichtet sie. Insbesondere Abiturienten haben sich ihren Angaben zufolge bis zum Schluss für eine Lehre entschieden. Für viele sei die Berufsbewerbung ein Hindernislauf gewesen, weil Ausbildungsmessen nicht stattfinden konnten, Praktika ausfielen oder Bewerbungsgespräche oft erst verzögert vereinbart werden konnten.

Während im Bereich von Industrie und Handel besonders kaufmännische und technische Berufe gefragt waren, konnte das Handwerk mit Berufen wie Kfz-Mechatroniker oder Tischler punkten. Einen deutlichen Zuwachs verzeichnete die Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern beim Beruf des Land- und Baumaschinenmechatronikers.

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Derzeit würden im ersten Lehrjahr 46 Jugendliche dieses Handwerk erlernen, in dem modernste Computer- und Satellitentechnik eingesetzt werde. In den vergangenen Jahren hatten im Mittel 28 junge Leute diese Lehre begonnen. Zurückgegangen sei dagegen die Zahl der Lehrverträge bei Friseuren.

Expertin rät zu früher Kontaktaufnahme

Inzwischen hat eine weitere Bewerbungsrunde begonnen. Das Handwerk bietet derzeit 500 freie Stellen an, die IHK verweist auf die rund 1000 Ausbildungsbetriebe mit mehr als 100 Berufen. Ausbildungsexpertin Grull rät allen Schülern, angesichts der erschwerten Bedingungen für die Bewerbungen nicht auf die Halbjahreszeugnisse zu warten, sondern schon jetzt Nägel mit Köpfen zu machen. Zeugnisse könnten nachgereicht werden, wichtiger sei der Kontakt.

Sowohl IHK als auch Handwerkskammer begrüßen, dass in der kommenden Woche die Berufsschulen wieder öffnen sollen. „Das gibt den Jugendlichen Planungssicherheit und sichert den fachlichen Nachwuchs“, sagt Jens-Uwe Hopf, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer. Gerade für den Abschlussjahrgang, der schon im Mai mit den Prüfungen beginne, sei das oft der letzte Berufsschulzyklus, ergänzt Ellen Grull.

Hoffnung setzten sowohl Handwerk als auch Industrie und Handel auf das neue Azubi-Ticket, das vom Land nun beschlossen wurde, ab Februar gelten soll und täglich einen Euro kostet. Damit sollen vor allem die Fahrten der Lehrlinge zu den oft weit entfernten Berufsschulen unterstützt werden. Handwerkspräsident Axel Hochschild sieht dadurch besonders Rückenwind für die vielen Unternehmen in ländlichen Regionen des Landes, die Fachkräfte ausbilden wollen.