Streng geschützt

Schreiadler-Horst bei Stralsund zerstört

Stralsund / Lesedauer: 2 min

Nur noch wenige Schreiadler brüten in Mecklenburg-Vorpommern. Jetzt wurde ein Horst bei Stralsund zerstört. War er einem Bauprojekt in der Nähe im Wege oder sollte der Adler sogar verkauft werden?
Veröffentlicht:02.07.2020, 12:27
Aktualisiert:06.01.2022, 19:41

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Der Horst eines seltenen Schreiadlers in Zimkendorf südlich von Stralsund ist spurlos verschwunden. Darüber berichtet die Deutsche Wildtier Stiftung. Sie geht davon aus, dass die Täter höchst professionell mit Seilen und Kletterausrüstung in das Waldgebiet eingedrungen sein müssen. Natürliche Ursachen (etwa ein Sturm) wurden ausgeschlossen.

Der Horst hatte einen Durchmesser von mehr als einem Meter. Es sei noch unklar, ob ein Jungvogel in dem Horst war. Laut eines Sprechers des Kreises Vorpommern-Rügen gab es im vergangenen Jahr ein Junges in dem Horst. In diesem Jahr wurde noch keins festgestellt – die Altvögel waren aber da.

Warum wurde der Horst zerstört? Darüber lässt sich derzeit noch nur spekulieren. „Denkbar ist auch, dass es sich um Vandalismus handelt“, sagt Dr. Andreas Kinser, Schreiadler-Experte der Deutschen Wildtier Stiftung.

Radweg geplant

Denn in unmittelbarer Nähe des Nestes soll ein Radweg ausgebaut werden. Diesem Projekt steht der Schutz des Schreiadlers allerdings entgegen. „Der zerstörte Horst muss im Genehmigungsverfahren aber noch weitere fünf Jahre berücksichtigt werden, daher ist ein Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Radweges wenig wahrscheinlich“, so Kinser. Aber wussten die Unbekannten das oder kannten Sie sich mit dieses Gesetzeslage nicht aus?

Auch der Bau von Windkraftanlagen war andernorts schon ein Motiv für Horstzerstörungen. 2018 wurde nur wenige Kilometer von Zimkendorf entfernt das Nest eines Rotmilans zerstört. Der Täter wurde vom Amtsgericht Stralsund verurteilt. Nach Angaben des Naturschutzbundes (Nabu) wurde ein solches Delikt damit erstmals in Deutschland gerichtlich bestraft.

Der Landkreises Vorpommern-Rügen werde Anzeige erstatten. Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises suche nun Zeugen, die ab Mitte Juni ein Auto oder mindestens eine Person mit Seilen in dem Waldgebiet am Borgwallsee beobachtet haben. Hinweise sind per Mail an [email protected] oder telefonisch (03831/357 3101) möglich.

„Wilderei ist ein lukratives Geschäft”

Die Zerstörung eines Horstes ist ein Straftatbestand, es drohe hohe Geld- und Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. „Doch Wilderei ist ein lukratives Geschäft; illegal ausgehorstete Adler können auf dem Schwarzmarkt enorme Summen erzielen“, sagt Kinser.

„Solche Horstzerstörungen machen die Bemühungen von Naturschützern zum Schutz des bei uns äußerst seltenen Schreiadlers zunichte“, so Kinser. „Wir brauchen jedes einzelne Exemplar, um die Art bei uns vor dem Aussterben zu retten.“ Schreiadler sind streng geschützt und in Deutschland extrem selten. So brüten nur noch 130 Brutpaare in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.