MV–Landtag
Schwesigs SPD beklagt Schmutzkampagne — Opposition kontert
Schwerin / Lesedauer: 4 min

Andreas Becker
Wohl selten stand eine Landesregierung in Mecklenburg–Vorpommern so unter Druck. Der Angriffskrieg des langjährigen vertrauten Wirtschaftspartners Russland auf die Ukraine hat die Administration unter Führung von Manuela Schwesig in schweres Fahrwasser und ins Schlingern gebracht. Verzweifelt versucht die Landesregierung, das Ruder fest in der Hand und das Regierungsschiff auf Kurs zu halten. Doch das ist gegen die sich immer höher auftürmenden politischen Wellen gar nicht so leicht.
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SPD und Linke beklagen „Schmutzkampagne“
Mittlerweile macht sich eine Prise Verzweiflung bei Rot–Rot bemerkbar – deutlich festzustellen in der plötzlich verwandten Sprache. Das feine Florett ist längst im Schiffsbau verstaut worden, über Deck regiert jetzt der rasselnde Säbel. So haben SPD und Linke für Dienstag einen Antrag in den Landtag eingebracht, mit dem im Zusammenhang mit Nord Stream 2 zum „Schluss mit der Schmutzkampagne“ aufgerufen wird.
Welche Schmutzkampagne? Ist es eine Schmutzkampagne, wenn Medien Fakten recherchieren oder erfolgreich die Herausgabe von Akten einklagen, die die Landesregierung lieber unter Verschluss halten wollte? Oder ist es eine Schmutzkampagne, wenn die politische Opposition einfach eine andere Meinung vertritt?
Nachfrage beim SPD–Fraktionsvorsitzenden Julian Barlen. Der adressiert die Schmutzkampagne an all jene, denen „Fakten, Tatsachen und Wahrhaftigkeit egal sind“. Konkret nennt Barlen zwei Beispiele: CSU–Politiker Alexander Dobrindt, der bei der Klimaschutzstiftung von einer „kriminellen Stiftung“ sprach, und Marc Reinhardt, CDU–Landtagsabgeordneter aus der Mecklenburger Schweiz, der im Zusammenhang mit der verbrannten Steuerakte der Klimastiftung den Satz von der „Räuberpistole, die man sich auch im Kreml hätte ausdenken können“ zum Besten gab. „Wer uns nur beschädigen und vernichten will und Wahrheiten verleugnet, dem wollen wir mit unserem Antrag ein Stoppschild setzen“, sagte Barlen am Montag auf Nordkurier–Nachfrage.
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Liskow: „Lasse mich weder in linke noch rechte Ecke stellen“
Da wird er in der Opposition allerdings auf Granit beißen, wie CDU–Fraktionschef Franz–Robert Liskow unmissverständlich betonte. „Es ist mittlerweile bewährte Taktik der SPD, diejenigen, die gegen sie sind, nicht ernst zunehmen und Minderheiten tot zu machen. Ich aber lasse mir das Recht nicht nehmen, eine andere Meinung zu haben. Und ich lasse mich von der SPD weder in die linke noch in die rechte Ecke stellen“, so Liskow.
Hannes Damm, streitbarer Abgeordneter der Grünen und politischer Neuling im Landtag, äußert hinsichtlich des Säbelrasselns der SPD einen Verdacht. „Ich glaube, dass die Landesregierung mittlerweile ein Problem mit der inhaltlichen Rechtfertigung hat. Sie spüren bei vielen Sachthemen – ob Nord Stream, Klimastiftung oder LNG–Terminal –, dass sie die politische Debatte verlieren. Und deshalb werfen sie mit Schmutz.“
SPD–Antrag: Isolieren und zurückdrängen
Dreckig und schmutzig ist derzeit teilweise auch die Debatte über die Flüchtlingspolitik. Auch da will die SPD ein Stoppschild setzen und wird im Landtag fordern, das „Personen und Kräfte, die sich außerhalb unserer Wertegemeinschaft stellen, nirgendwo in Mecklenburg–Vorpommern den Ton angeben dürfen und isoliert und zurückgedrängt werden müssen“. Isolieren? Müssen diese Bürger ins Gefängnis? Dürfen die nicht mehr mit protestieren?
Was konkret mit diesen Personen passieren soll und was der Begriff isolieren bedeuten könnte, beantwortet Barlen auf eine entsprechende Nachfrage nicht. Nur so viel verrät der SPD–Fraktionschef und Generalsekretär: „Wer beispielsweise das Grundrecht auf Asyl von sich weist, ist für den demokratischen Diskurs nicht mehr zu gewinnen.“ Es müsse genau geschaut und abgegrenzt werden, wer aufrichtig und legitim protestiert und wer nicht.
Ob Barlen damit meint, dass die Mehrheitspartei SPD am Ende entscheidet, wer ihr beim Protest genehm ist und wer nicht? Wenn dies so wäre, würde die SPD die Axt an die Demokratie legen und ihre Rolle als stärkste Fraktion im Landtag komplett falsch interpretieren.