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Spenden-Gelder

So viel Geld bekommen Vereine von Staatsanwaltschaften und Gerichten

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Wenn Strafverfahren gegen eine Geld–Zahlung eingestellt werden, können Staatsanwälte und Richter das Geld an Vereine verteilen. Wie das genau passiert, ist unklar.
Veröffentlicht:24.02.2023, 12:34

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Richterinnen und Staatsanwälte verteilen jedes Jahr sehr viel Geld – nach undurchsichtigen Kriterien. Denn Strafverfahren können gegen die Zahlung einer Geldauflage eingestellt werden. Dieses Geld kann dann an Vereine verteilt werden. Wie und warum das passiert, ist unklar: Eine Kontrolle der Vergabepraxis findet kaum statt, die Geldauflagen werden nach Gutdünken verteilt.

In Mecklenburg-Vorpommern haben Gerichte und Staatsanwaltschaften in den Jahren 2007 bis 2021 mindestens 9,14 Millionen Euro verteilt. In Brandenburg waren es laut einer aktualisierten Datenbank zufolge mehr als 31 Millionen Euro. Verfügbare Daten wurden in einer Kooperation des Recherche-Netzwerks Correctiv.Lokal und des Nordkurier ausgewertet.

Staatsanwaltschaft als Hauptverteiler

Demnach hat in Neubrandenburg der Förderverein „Kind im Krankenhaus“ im ausgewerteten Zeitraum mindestens 105.000 Euro Spendengeld erhalten. Beim Verein „Quo Vadis“, der sich gegen häusliche Gewalt einsetzt, waren es laut Datenbank mindestens 85.000 Euro, die ausgereicht wurden. Das Seniorenbüro Neubrandenburg hat mindestens 52.000 Euro erhalten.

Hauptverteiler in MV war laut Nordkurier-Recherche die Staatsanwaltschaft Mecklenburg-Vorpommern, die von 2007 bis 2016 mindestens knapp 2,9 Millionen Euro verteilt hat. Dabei stechen laut der Datenbank vor allem die Jahre 2012 mit rund 500.000 Euro und 2013 mit mehr als 800.000 Euro verteilter Strafgelder hervor. Ein großer Empfänger im Land war die Staatskasse MV, die zusammen mit dem Jobcenter Schwerin in den Jahren 2007 bis 2013 etwas mehr als 900.000 Euro zugesprochen bekommen hat.

Daten sind unvollständig

In Brandenburg haben Gerichte demnach mindestens knapp 17 Millionen Euro verteilt, Staatsanwaltschaften rund 12 Millionen Euro, die Justiz rund 2,2 Millionen. Die größten Empfänger waren laut der Datenbank die Staatskasse (rund 13,8 Millionen Euro), die Opferhilfe (rund 650.000 Euro) und der Landesbund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr mit rund 518.000 Euro. In der Uckermark wurden der Arbeiter-Samariterbund, der Verein „Uckermark gegen Leukämie“ und die Bürgerstiftung Barnim-Uckermark mit jeweils vierstelligen Beträgen bedacht.

Auffällig sind die Lücken im Datenbestand. So gibt es zur Geld–Verteilung des Oberlandesgerichts MV seit 2015 und bei der Staatsanwaltschaft des Landes seit 2017 keine Daten mehr. Für das Landesgericht MV sind lediglich Zahlungen für die Jahre 2014 bis 2016 angegeben worden, beim Landesgericht in Neubrandenburg fehlen Angaben vor 2017. Da davon auszugehen ist, dass auch in den übrigen Jahren Strafgelder verteilt wurden, dürften die Zahlen jeweils entsprechend höher sein.

Kritik an fehlender Transparenz

Grundsätzlich entscheidet die Justiz in Deutschland selbstständig, wohin das Geld fließt. Ein Teil geht in die Staatskasse, den anderen Teil erhalten gemeinnützige Vereine und Einrichtungen. In der vorliegenden Datenbank sind die Geldströme von rund 50.000 Organisationen zusammengetragen und durchsuchbar gemacht worden. Die Daten zeigen ein ungleiches Bild: Manche Spenden-Empfänger erhalten regelmäßig Geld von Gerichten aus ganz Deutschland im vier- und fünfstelligen Euro-Bereich, andere erhalten einmalig lediglich hunderte Euro.

Kritisiert wird die fehlende Transparenz der Vergabepraxis auch deshalb, weil in vielen Fällen nicht nachvollziehbar ist, warum eine Organisation Geld erhalten hat. So finden sich unter den Empfängern beispielsweise mehrere Jobcenter und der ADAC. Aber auch Schützen- und Angelvereine, Schachclubs, viele Sportvereine und missionarische Vereine kommen in den Genuss einer Spendenüberweisung.


Diese Recherche ist Teil einer Kooperation des Nordkurier mit Correctiv.Lokal. Das Netzwerk fördert Recherchen im Lokaljournalismus. In der neuen Spendengerichte-Datenbank von CORRECTIV können Sie rund 50.000 Einrichtungen durchsuchen, die von Gerichten und Staatsanwaltschaften gefördert wurden: correctiv.org/spendengerichte