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Dringlichkeitssitzung

Klimastiftung MV sorgt weiter für politischen Streit

Schwerin / Lesedauer: 5 min

Schmutzkampagne oder berechtigte Forderung nach Aufklärung? Die Vorgänge um die Klimastiftung MV, mit deren Hilfe die Gasleitung Nord Stream 2 fertiggestellt wurde, bieten weiterhin viel Stoff für politische Auseinandersetzungen. Im Landtag ging es erneut hoch her.
Veröffentlicht:21.03.2023, 00:48

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Der Bau der Ostsee–Pipeline Nord Stream 2 und die zu deren Fertigstellung gegründete Klimastiftung MV sorgen weiter für politischen Streit in Mecklenburg–Vorpommern. In einer mehrstündigen emotionsgeladenen Debatte erneuerten Sprecher der Opposition am Dienstag in einer von ihr beantragten Sondersitzung ihre Kritik am Agieren der Landesregierung. Beklagt wurde insbesondere das Zurückhalten von Informationen zur Stiftungsgründung und zur jüngst bekanntgewordenen Vernichtung von Steuerunterlagen der Stiftung durch eine Steuerbeamtin.

Die Regierungsfraktionen von SPD und Linke bezichtigten die Opposition, eine Schmutzkampagne gegen die Koalition zu führen und forderten, zu einer sachorientierten Diskussion zurückzukehren. Allerdings hatte SPD–Fraktionschef Julian Barlen mit scharfen Verbalangriffen vor allem auf CDU auf Grüne die Stimmung angeheizt. Dafür wurde er mehrfach heftig kritisiert.

Die Ostsee–Pipeline Nord Stream 2 sei für die Energieversorgung nicht erforderlich gewesen, sagte die Grünen–Abgeordnete Constanze Oehlrich unter Berufung auf Fachleute. Dennoch habe sich die Landesregierung aktiv für die Fertigstellung der Gasleitung eingesetzt und dafür sogar eine von der Nord Stream 2 AG mit 20 Millionen Euro finanzierte Stiftung gegründet. Russland habe geostrategische Ziele verfolgt, die Ukraine beim Gastransport umgehen wollen und bei der Umsetzung dieser Ziele mit Mecklenburg–Vorpommern einen willigen Helfer gefunden.

„Die Lobbytätigkeit der Nord Stream 2 AG war schlicht und ergreifend sehr erfolgreich“, sagte Oehlrich. Sie verwies darauf, dass Nord Stream 2 nachweislich Einfluss auf die Formulierung der Stiftungssatzung genommen habe. Ob sich die Landesregierung „wissentlich oder blauäugig“ für russische Interessen habe einspannen lassen, müsse der vom Landtag eingesetzte Untersuchungsausschuss klären, sagte FDP–Fraktionschef René Domke.

Der Landtag stimmte der von Grünen, FDP und CDU geforderten zeitlichen Ausdehnung des Untersuchungszeitraums ohne Gegenstimme zu. Damit sollen auch die Vorgänge um die Verbrennung einer Steuererklärung der Stiftung untersucht werden, die erst kürzlich bekannt wurden. Die Staatsanwaltschaft hatte ermittelt, ein Bußgeld gegen die betroffene Beamtin verhängt und festgestellt, dass es keinen Einfluss der Landesregierung auf die Aktenvernichtung gegeben habe. Es sei daher „perfide“, ihr und ihrem Finanzminister zu unterstellen, etwas mit der Vernichtung der Unterlagen zu tun zu haben, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).

In einer 40–minütigen Rede wies sie sämtliche gegen sie und ihre Regierung im Zusammenhang mit Nord Stream 2 und der Klimastiftung MV erhobenen Vorwürfe zurück. Es habe in den letzten Wochen viele Behauptungen, Unterstellungen bis hin zu Verschwörungstheorien gegeben. „Ich will ganz klar sagen: Da ist nichts dran“, betonte Schwesig.

Zu den Fakten gehöre, dass Deutschland über viele Jahre den Bau der Ostseepipeline befürwortet habe. „Es ist falsch, wenn bei diesem Thema mit dem Finger immer wieder auf unser Land gezeigt wird“, betonte die Regierungschefin. Es sei die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gewesen, die den Bau immer unterstützt habe. „Und es gab — damals — auch aus unserer Sicht gute Gründe, auf den Bau der Ostseepipeline zu setzen“, sagte Schwesig.

Es sei um die sichere Versorgung mit preiswertem Gas für Wirtschaft und Bürger gegangen. Erdgas sei eine Brückentechnologie bis zur vollständigen Umsetzung der Energiewende. „Und genau das sind die Gründe, warum die damalige Landesregierung von SPD und CDU den Bau der Ostsee–Pipeline Nord Stream 2 immer befürwortet hat. Nicht Russland, nicht Putin, sondern Gründe für unsere Bürgerinnen und Bürger“, sagte Schwesig. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe die Basis für die Gaslieferungen zerstört und Deutschland gehe nun „richtigerweise andere Wege“.

Schwesig räumte ein, dass es vor Gründung der Stiftung dazu auch direkte Kontakte zu Nord Stream 2 gegeben habe. Die von ihr geführte rot–rote Landesregierung halte an ihrem Ziel fest, die Klimastiftung nach dem angekündigten Rücktritt des Vorstandes aufzulösen. Dazu werde es zu gegebener Zeit Gespräche mit dem Landtag geben.

Wie zuvor schon der Vorsitzende des Stiftungsvorstandes, Ex–Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), äußerte auch die AfD Zweifel daran, dass die Stiftung rechtskonform aufgelöst werden könne. Schwesig bereite einen Rechtsbruch vor. „Dieses Projekt ist nicht nur ein Anschlag gegen die Klimastiftung, sondern auf das Stiftungswesen generell und damit gegen Rechtsstaat“, sagte der AfD–Abgeordnete Horst Förster.

CDU–Fraktionschef Franz–Robert Liskow warf der rot–roten Landesregierung vor, mit ihrem Handeln dem Ruf des Landes erheblich zu schaden. „Denn nicht nur die Stiftung selbst ist Gegenstand öffentlicher Debatten, sondern momentan insbesondere der Umgang mit den Stiftungsmillionen, die aus Moskau überwiesen wurden“, sagte Liskow. Er äußerte Zweifel an den Darstellungen der Regierung zu den Vorgängen um die Steuerunterlagen der Stiftung, die sich bislang rechtlich dagegen wehrt, die geforderte Schenkungssteuer von knapp 10 Millionen Euro anzuerkennen.

Schwesig erinnerte die CDU daran, als Teil der bis 2021 regierenden Koalition die Gründung der Stiftung mit beschlossen und auch die Fertigstellung von Nord Stream 2 befürwortet zu haben. „Sie stehen nicht zu gemeinsamen Entscheidungen, sie sind unglaubwürdig, sie sind nicht regierungsfähig. Und deshalb ist es gut, dass wir in der MV–Koalition mit der Linken sind“, sagte Schwesig, die nach ihrem Wahlsieg im September 2021 den Koalitionspartner gewechselt hatte.