„Parallelstrukturen“

SPD-Mann Dachner legt in Sachen SEK-Skandal nach

Schwerin / Lesedauer: 2 min

Die Vorwürfe werden immer gravierender: Der Ex-Direktor der Polizeidirektion Neubrandenburg sagt, in der Polizei gebe es Beamte, die meinten, sie stünden über dem Gesetz. Und geht ins Detail.
Veröffentlicht:19.06.2019, 11:00
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Von:
  • Author ImageUwe Reißenweber
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Es war ein geheimnisvoller Satz mit Sprengkraft, den der frühere Neubrandenburger Polizeidirektor Manfred Dachner – inzwischen SPD-Landtagsabgeordneter – im jüngsten Polizei-Skandal verbreitete: „Offenbar konnten sich ... Schattenstrukturen aufbauen, die nicht unbemerkt blieben, aber geduldet wurden.“ Jetzt packt Dachner nach krankheitsbedingten Schweigen im Nordkurier aus und die Vorwürfe werden noch schwerwiegender: „Es hat sich ein eigenes Innenleben entwickelt. Es gibt Leute, die meinen, dass sie teilweise über dem Gesetz stehen.“ In der Polizeiführung und bei den Spezialeinheiten würden einige machen, was sie wollen. Er habe in seiner aktiven Zeit auf diese Missstände hingewiesen, sei aber abgebügelt worden.

„Diese Eliteeinheiten überhöhen sich selbst und werden überhöht. Wer das zulässt, braucht sich nicht über die jüngsten Entwicklungen zu wundern“, sagte Dachner. Der lang gediente Polizist betonte, mit seiner Kritik nicht Innenminister Lorenz Caffier (CDU) zu meinen. Aber es gebe außer dem Minister ja auch noch die engere Führung des Spezialeinsatzkommandos (SEK), die öfter mal wechsle, die Führung des Landeskriminalamtes (LKA), dem die Spezialeinheiten unterstehen und die Abteilung Polizei im Ministerium. Der heutige Inspekteur der Landespolizei, Wilfried Kapischke, war vormals übrigens selbst in führender Funktion bei den Spezialeinheiten.

SEK-Beamte mit „Prepper“-Kontakt

Wie berichtet, waren am vergangenen Mittwoch vier teils ehemalige, teils noch aktive SEK-Mitglieder festgenommen worden. Zwei von ihnen sitzen in U-Haft. Drei sollen dienstliche Munition beiseite geschafft und dem Vierten mit Kontakten zur extremen „Prepper“-Szene gegeben haben. Vier weitere SEK-Beamte wurden vorsorglich versetzt. Sie sollen mit den anderen kommuniziert haben, entsprechende Technik wird ausgewertet.

Die Bundesanwaltschaft hat unterdessen in den Ermittlungen um die mutmaßlich rechtsextreme „Prepper”-Gruppe „Nordkreuz“, aus deren Ermittlungsergebnissen das Verfahren gegen die SEK-Beamten hervorgegangen war, Zeugen geladen, die auf Listen der Verdächtigen standen – angeblich 29 Personen aus MV, darunter Politiker von SPD, Grünen und Linken. Nachdem das bekannt wurde, wurden weitere kritische Fragen an das Innenministerium laut. Haben die Sicherheitsbehörden schon länger davon gewusst und die Sache bewusst verschwiegen? Haben sie so Leib und Leben der Betroffenen gefährdet?

Die Antwort, die BKA-Chef Holger Münch am Dienstag bei einer Pressekonferenz aus Anlass der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke in Berlin gab, klingt nach Ansicht von Beobachtern wie eine Schutzbehauptung: „Wir haben die Information bewusst nach hinten verzögert, weil wir die Ermittlungen in MV bezüglich der Munitionsfunde nicht behindern wollten.“