Forscher testen alternative Haltung

Spielzeug für Schweine gegen Ringelschwanz-Beißen

Groß Grenz / Lesedauer: 3 min

Weil Mastschweine in engen Buchten immer wieder an den Ringelschwänzen der Artgenossen knabbern, werden den Ferkeln oft nach der Geburt die Schwänze gekürzt. In einem Mastbetrieb testeten Forscher jetzt eine Alternative - mit ernüchternden Ergebnissen. 
Veröffentlicht:11.02.2015, 19:26
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Neun Monate lang untersuchten Experten der Landesforschungsanstalt, wie man Schweine vom oft schmerzhaften Beißen in die sensiblen Ringelschwänze abhalten kann. In die Buchten wurden weniger Tiere eingestallt. Zur Ablenkung wurde Langstroh eingestreut, statt der Nippeltränken wurden offene Wasseraufnahmestellen angeboten, Scheuerstellen, Gummimatten und Torf angeboten. Sogar an Spielzeug wurde gedacht. „Wir haben in die Buchten Hanfseile und Beißstäbe, sogenannte Bite-Rites, aufgehangen“, sagt Kathrin Naumann. Die Geschäftsführerin des Agrarbetriebes Groß Grenz wollte sich damit der Diskussion um die von Tierschützern kritisierten Praxis des Schwänze-Kupierens stellen und alternative Aufzuchtverfahren in den konventionellen Tierzucht erproben.

Bislang wurden in dem Unternehmen bei Bad Doberan mit etwa 450 Zuchtsauen und 3100 Mastschweine – wie in den meisten deutschen Schweinezuchtbetrieben – den jungen Ferkeln die vordersten Segmente der kleinen Ringelschwänze abgetrennt. Die Schmerzen hielten sich in Grenzen, betont Naumann. Auf jeden Fall seien sie nicht vergleichbar mit der qualvollen Tortur, wenn sich ausgewachsene Schweine gegenseitig die Schwänze abknabberten.

Kaum ein Unterschied war zu erkennen

Trotzdem verzichtete man von Januar bis September 2014 in ausgewählten Beständen auf das Kürzen der Schwänze. Das Ergebnis fiel ebenso eindeutig aus wie ernüchternd: Während es selbst in Beständen mit kupierten Schwänzen  noch bei 11 bis 15 Prozent aller Schweine zu Schwanzverletzungen kam, wurden in den sogenannten Komfortgruppen, immer noch 15 bis 19 Prozent aller Tiere an den nicht gekürzten Schwänzen verletzt. Das sei zwar deutlich weniger als in der konventionellen Aufzucht, wo immerhin etwa 70 Prozent aller Schweine mit komplettem Ringelschwanz von ihren Artgenossen attackiert würden, sagt Versuchsleiter Henrik Delf. Eine echte Alternative habe man aber wohl nicht gefunden.

Befriedigend sei das Ergebnis für einen Tierzuchtbetrieb nicht, konstatiert auch Firmenchefin Naumann. Denn die Kosten für den zusätzlichen Aufwand seien enorm. Allein ein Beißspielzeug, das schon nach einem Jahr ersetzt werden müsste, koste 30 Euro. Zusätzliche Gelder mussten etwa für Hanfseile, Strohbergung und Torfeinkauf ausgegeben werden – ganz zu schweigen vom Zeitaufwand für das Stallpersonal, das ständig nach einem eventuellen Beißer in der Gruppe Ausschau halten musste.

In Niedersachsen wird über eine Ringelschwanzprämie nachgedacht

Rechne man alles zusammen, dann belaufe sich der zusätzliche Aufwand pro Schwein auf etwa 16 Euro, sagt Winfried Matthes, Leiter des Institutes für Tierproduktion. Das entspreche in etwa jener Ringelschwanzprämie, über die derzeit in Niedersachsen nachgedacht werde. Hochgerechnet auf den Schweinebestand in MV, müssten hierzulande etwa 16 Millionen Euro Fördermittel an die Schweinehalter ausgezahlt werden, wenn sie auf das Schwänze-Kupieren verzichten würden.

Für BUND-Experte Burkhard Roloff ist es trotzdem ein Unding, wenn Ferkeln ein Drittel ihres Schwanzes abgeschnitten wird. Dass Schweine sich gegenseitig in die Schwänze beißen, liege doch vor allem darin, dass zu viele Tiere in engen Buchten gehalten würden, sagt er.