Grüne Woche

Till Backhaus – was für ein Spaß mit dem "Özdemir-Stollen”

Schwerin / Lesedauer: 5 min

Zur Einordnung: Till Backhaus ist seit 25 Jahren Landwirtschaftsminister in MV. Hansa Rostock dagegen hatte in diesem Zeitraum 26 Trainer. Was macht den Minister so „haltbar”?
Veröffentlicht:26.01.2023, 13:11
Aktualisiert:26.01.2023, 13:33

Von:
  • Author ImageAndreas Becker
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Ein Händedruck hier, ein Small Talk dort, ein Augenzwinkern zwischendurch, ein Schulterklopfer im Vorbeigehen – wer mit Till Backhaus durch die Mecklenburg-Vorpommern-Länderhalle auf der Internationalen Grünen Woche schlendert, merkt schnell, was der 63-Jährige so formuliert: „Ich bin bekannt wie ein bunter Hund.”

Backhaus sagt dies mit einem Mix aus Selbstverständlichkeit, Humor aber auch ein wenig Stolz – schließlich ist der SPD-Politiker seit einem Vierteljahrhundert Mitglied im Landeskabinett und Deutschlands am längsten amtierender Minister.

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In diesem Zeitraum fand die Grüne Woche in Berlin 24 Mal statt – 22 Mal war Backhaus vor Ort. Nur in den beiden vergangenen Jahren fiel die weltweite Leitmesse – „das Davos der Agrarwirtschaft” (Backhaus) – aus. Aus gutem Grund: Es bedurfte einer weltweiten Pandemie, um das Treiben auf dem riesigen Messegelände im Westen Berlins lahm zu legen.

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„Der Start nach Corona war für alle Beteiligten ganz schön risikobehaftet. Gerade auch vor dem Hintergrund von explodierenden Lebensmittel- und Energiepreisen. Jetzt sieht man aber, wie sehr die Menschen nach solchen Veranstaltungen lechzen. Schlemmen, schnacken, Spaß haben, Geld ausgeben – man spürt, wie wichtig auch die Geselligkeit einfach ist”, kennt der Minister die Bedürfnisse der Bürger.

„Ich bin ja der Lebensminister. In meinem Ressort geht es um Essen, Ernährungssicherheit, Artenvielfalt, Klimaschutz und Wasser”, betont Backhaus mit knackigen Worten – und lässt in bester Politikermanier eine kleine Spitze gegen die Grünen los: „Die vergessen oft, dass wir Lebensmittel brauchen und Hunger böse macht.”

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Einmal in Fahrt, legt Backhaus nach – und blickt nach Schleswig-Holstein, wo mit grüner Beteiligung regiert wird: „Unser Nachbarland ist dieses Jahr nicht mit dabei. Vielleicht sind Massenveranstaltungen nicht so nach deren Geschmack”, frotzelt der Minister aus Schwerin.

Hier in Berlin auf der Grünen Woche seien über 80 Minister aus der ganzen Welt aufgetreten – da müsse Mecklenburg-Vorpommern als der schönste Vorgarten zwischen den Millionenmetropolen Hamburg und Berlin doch vor Ort sein, sagt Backhaus im Brustton der Überzeugung.

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Deshalb war klar, dass MV beim Re-Start mit macht – auch wenn die eigens angemietete MV-Länderhalle der Staatskasse in Schwerin 650.000 Euro kostet. „Aber hier sind 300.000 bis 400.000 Besucher – das sind knapp 1,50 Euro pro Person als Werbekosten. Das rechnet sich, das hat einen Mehrwert”, so der Sozialdemokrat.

Und er erinnert sich an seine Anfänge auf der Grünen Woche. „Als ich das erste Mal als Minister teilnahm, gab es eine Fischhalle, eine Bierhalle, eine Fleischhalle – da musste ich ja fast Kilometergeld bekommen, so viel bin ich hin und her gerannt. Später haben wir alles zentralisiert und präsentieren seitdem unser Land in einer Halle.”

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Das stärke auch die Identifikation unter allen Ausstellern sowie mit den Besuchern und schaffe Nähe. „Die Leute sind heiß auf die Halle. Wir sind gastfreundlich und schmeißen abends auch keinen raus. Da gibt es einen schönen Absacker”, weiß Backhaus um das Lebensgefühl seiner Landsleute.

Und der Minister selbst liebt es auch, sich im Volk zu tummeln. Da muss dann auch schon mal auf den Schlaf verzichtet beziehungsweise Ruhephasen verkürzt werden.

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„Wenn der Ausstellerabend bis weit in den Morgen des nächsten Tages geht, sitze ich anschließend trotzdem pünktlich im 200 Kilometer entfernten Landtag in Schwerin – und streite mit den Grünen über den Klimaschutz”, gibt sich Backhaus kämpferisch und ehrgeizig. Und erzählt fast nebenbei, dass er dem grünen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bei der Grünen Woche vor wenigen Tagen einen veganen Stollen der Bäckerei Behrens aus Plau am See geschenkt habe.

Backhaus liebt diese Seitenhiebe in Richtung der Ökopartei und hat das vegane Produkt gleich "Özdemir-Stollen” getauft. Eine Bemerkung, über die sich Backhaus diebisch freut – seine Augen funkeln dabei wie die eines kleinen Jungen, dem ein lustiger Streich gelungen ist.

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Trotzdem: Auch ein Backhaus wird nicht jünger – zumal sein Ministerium in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen ist. Die Umwelt- und Klimathemen sind mittlerweile in seinem Ressort angesiedelt. Dass bei einem 63-Jährigen, der seit einer gefühlten Ewigkeit im Amt ist, auch die Frage nach dem politischen Ende irgendwann auf der Agenda steht, ist auch Backhaus klar. Allerdings umschifft der Minister dieses Thema und verweist darauf, dass er vom Wähler berufen sei und in schöner Regelmäßigkeit seinen Wahlkreis direkt gewinnen würde.

Und letztendlich gehe die aktuelle Legislaturperiode ja auch noch bis zum Jahr 2026. Bis dahin kann sich Till Backhaus noch dreimal auf der Grünen Woche tummeln und sich mit den Grünen kabbeln. Beides will der Landwirtschaftsminister aus Mecklenburg-Vorpommern noch nicht missen.