Trübe Stimmung im Tourismusland MV
Schwerin / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Mecklenburg-Vorpommern (Dehoga MV) als unabhängiger Branchenvertreter hat am Mittwoch eine verhaltene Bilanz der bisherigen Tourismussaison gezogen. „Betrachtet man allein das erste Halbjahr haben gastgewerbliche Unternehmen bei uns im Land ein Minus von 11 Prozent im Vergleich zu 2019 eingefahren. Selbst auf den Juli abgestellt, waren die Umsätze im Vergleich zum Vorjahresmonat Juli 2021 bei mehr als der Hälfte der Unternehmen deutlich rückläufig”, sagte Lars Schwarz, Präsident des Dehoga-Verbandes.
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Die Lage sei extrem herausfordernd, da die Branche zeitgleich mit explodierenden Kosten in den Bereichen Energie, Lebensmittel und Personal konfrontiert sei. „Es sind nicht nur die Rückläufe aus unserer letzten Branchenumfrage oder unseren statistischen Erhebungen, jeder konnte sehen und spüren, dass Mecklenburg-Vorpommern in diesem Sommer nicht so frequentiert war, wie die Jahre zuvor. Da hilft letztlich auch kein Schöngerede, es waren deutlich weniger Gäste im Land als üblich”, betonte Schwarz.
Diesen Nachfrage-Rückgang hätten die Betriebe in allen Ecken des Landes gespürt. Mehr als 70 Prozent der Unternehmen verzeichneten aktuell lediglich eine befriedigende bis schlechte Nachfrage. „Diese Aussage in einem Sommermonat spricht Bände und muss ein Alarmsignal im selbsternannten Tourismusland Nr. 1 sein”, so der Dehoga-Chef.
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Der Verbandspräsident zeigte sich überzeugt: „Jetzt zahlen wir auch den Preis für die Corona-Politik des Landes. Wir haben Gäste des Landes verwiesen. Wir hatten über weite Teile die strengsten Corona-Schutzmaßnahmen – 3G-Plus, ein späterer Saisonstart, Maskenpflicht, Hotspot-Regelung im gesamten Land –, all das hat uns in diesem Jahr spürbar und nachweislich Gäste gekostet, Gäste, die wir jetzt dringend bräuchten.” Jetzt wieder über die gleichen falschen Maßnahmen für den nächsten Winter zu debattieren, manifestiere diese Abwärtsentwicklung lediglich weiter.
Nie sei laut Schwarz der Beweis erbracht worden, dass die Corona-Maßnahmen wirkten und das Gastgewerbe Pandemietreiber gewesen sei. Statt weiterhin jene Beschränkungen zu präferieren, sollte vielmehr auf die durch die Branche selbst entwickelten, bewährten und erprobten Schutzkonzepte beziehungsweise Hygienestandards gesetzt werden sowie die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger in den Fokus der Corona-Politik gestellt werden.
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Eine positivere Bilanz zog Birgit Hesse, Präsidentin des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern. „Zum Glück profitiert Mecklenburg-Vorpommern seit Jahrzehnten von einer starken Inlandsnachfrage. Darauf konnten wir trotz der sich inzwischen überlagernden Krisen auch in diesem Sommer bauen. Unter anderem Preissteigerungen, Personalprobleme und die Pandemie machen der Branche zu schaffen”, so die ehrenamtlich tätige Präsidentin.
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Die Schwierigkeiten des MV-Tourismus brachte Hesse etwas versteckter als Dehoga-Präsident Schwarz an. „Volle Strände und ein breites Freizeitangebot brachten vor dem Hintergrund einer kontrollierten Pandemie-Lage im Sommer vordergründig so etwas wie Normalität zurück. Der Ausblick auf den Herbst ist jedoch getrübt und macht deutlich, wie stark der Tourismus von äußeren, insbesondere gesellschaftlichen und politischen Einflüssen geprägt ist”, blickte Hesse durchaus sorgenvoll in die Zukunft.
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Deshalb sei es wichtig, dass vor allem Infektionsschutzregeln für die Herbst- und Wintermonate auf ein notwendiges und effektives Maß beschränkt blieben, so wie es der Deutsche Tourismusverband mit den führenden Tourismusverbänden der Länder bereits im Juni gefordert habe. Ein durchaus dünnes politisches Eis, auf dem sich Hesse als SPD-Landtagsabgeordnete und Präsidentin des MV-Landtages bewegt. Schließlich gilt ihre Parteifreundin, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, hinsichtlich der Corona-Regeln als Hardlinerin.