Covid-19
Turbo bei Corona-Impfung – wann überholt MV die USA?
Schwerin / Lesedauer: 5 min

Carsten Schönebeck
Bei den Corona-Impfungen hat Mecklenburg-Vorpommern die nächste magische Hürde gerissen. Am Dienstag hatte jeder zweite Bürger mindestens eine erste Dosis eines Impfstoffes erhalten. Fast ein Drittel der Menschen im Bundesland gilt inzwischen als vollständig geschützt. Das vielzitierte Versprechen vom Impfangebot für alle Erwachsenen dürfte schon im Juli erfüllt sein. Doch die Chancen auf eine sogenannte Herdenimmunität sind gering. Das zeigen die aktuellen Zahlen des Landes.
Wie liegt MV im Vergleich mit anderen Bundesländern?
Mecklenburg-Vorpommern belegt innerhalb Deutschlands einen Spitzenplatz im Vergleich der Länder. Doch die Unterschiede sind gering, denn Kapazitäten sind in Impfzentren, Kliniken und Arztpraxen zur Genüge vorhanden. Der knappe Impfstoff dagegen wird nach Bevölkerungsanzahl recht gleichmäßig auf die Bundesländer verteilt.
Wann gibt es genug Impfstoff?
Die Ankündigungen zu den Impfstoff-Lieferungen waren in Deutschland zuletzt zuverlässig. Eine Viertelmillion Dosen wurden seit dem Monatsanfang verimpft. Gut 500.000 waren für den Juni angekündigt. Das dürfte also hinkommen. Im Juli sollen die Zahlen noch mal steigen. Möglicherweise wird dann schon mehr Impfstoff vorhanden sein, als tatsächlich abgenommen wird. In einzelnen Regionen Deutschlands melden Impfzentren schon jetzt, dass sie nicht mehr genügend Impfwillige finden.
Wie schnell geht es derzeit mit den Erst- und Zweitimpfungen?
Der Anstieg der Erstimpfungen hat sich deutlich verlangsamt, was zeitweise den Eindruck erweckte, die Kampagne sei in organisatorische Probleme geraten. Doch vor allem liegt es daran, dass inzwischen mehr und mehr Zweitimpfungen aus den gelieferten Mengen abgezweigt werden. Zuletzt wurden im Schnitt pro Woche rund 40.000 Erst- und 80.000 Zweitimpfungen verteilt.
Wie hoch ist die Impfbereitschaft
Die Impfbereitschaft unter Erwachsenen lässt sich nur vorsichtig schätzen. Bei den Über-60-Jährigen, die größtenteils ein Impfangebot haben dürften, liegt sie bislang bei knapp 80 Prozent, deutliche Steigerungen sind nicht mehr zu erwarten. Vieles deutet darauf hin, dass die Bereitschaft bei jüngeren Menschen niedriger ist. Das liegt nicht nur an einer Impfskepsis in bestimmten Kreisen, sondern auch daran, dass das Virus bei jüngeren bislang nur sehr selten zu schweren Krankheitsverläufen führt. Bei den aktuell niedrigen Infektionszahlen sieht so mancher keine Notwendigkeit, sich um einen Termin zu kümmern und Nebenwirkungen zu riskieren.
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Wann haben alle Bürger ein Impfangebot?
Das könnte jetzt ziemlich schnell gehen – zumindest für alle, die zur Impfung zugelassen sind und dies auch wollen. Denn: Eine Impfquote von 100 Prozent wird man bei weitem nicht erreichen. Rund 15 Prozent der Bevölkerung in MV sind jünger als 18. Für Kinder gibt es noch keinen zugelassenen Impfstoff, für Jugendliche wird die Impfung in Deutschland nur in Einzelfällen empfohlen. Geht man davon aus, dass sich 75 Prozent der Erwachsenen impfen lassen, wären das in MV rund eine Million Menschen. Bislang haben mehr als 800.000 eine erste Impfung. Beim Tempo der vergangenen Wochen würde das heißen, dass Mitte Juli jeder, der das möchte, eine erste Dosis erhalten hat.
Lässt sich die Kampagne beschleunigen?
Das dürfte kaum noch möglich sein, obwohl es angeblich genug Kapazitäten für mehr Impfungen gibt. Mit den Erstimpfungen dürfte MV – und auch der Rest von Deutschland – schon in wenigen Wochen weitgehend durch sein. Das lässt sich kaum noch beschleunigen. Danach gelten unterschiedlich lange Fristen bis zur Zweitimpfung. Je nach Impfstoff sind das mindestens drei bis sechs Wochen. Das ist eine medizinische Empfehlung und unabhängig von Impfstoff-Lieferungen und Terminvergaben.
Wann wird die sogenannte Herdenimmunität erreicht?
Vermutlich gar nicht. Denn bei den oben angelegten Prognose käme man in Mecklenburg Vorpommern inklusive Kindern und Jugendlichen kaum auf 70 Prozent Impfquote. Das dürfte nicht ausreichen, um die sogenannte Herdenimmunität bei aggressiveren Corona-Mutationen zu erreichen. Die Theorie hinter dem Begriff: Wenn ein Großteil der Bevölkerung immun ist, findet das Virus kaum noch Wirte und kann letztlich nicht überleben.
Überholt der Nordosten die USA?
Die lange gescholtene Impf-Kampagne hat längst Fahrt aufgenommen und inzwischen nähert man sich den Quoten der Vereinigten Staaten an. Die galten lange als eine der Nationen mit vorbildlicher Kampagne, die jedoch seit Wochen ins Stocken geraten ist. Zum Wochenanfang meldeten die Vereinigten Staaten bei den Erstimpfungen eine Quote von 53,1 Prozent. Der Wert stieg zuletzt um knapp ein Prozentpunkt pro Woche.
Zum Vergleich: Mecklenburg-Vorpommern lag am Montag bei 49,5 Prozent. Im Schnitt stieg der Wert zuletzt um 40.000 Impfungen pro Woche – also rund 2,5 Prozentpunkte. Bei konstantem Tempo wären die Werte aus den USA Anfang Juli eingeholt.
Deutlicher ist der Unterschied noch beim vollständigen Impfschutz. Bei den meisten Vakzinen tritt dieser nach der zweiten Dosis ein. Beim Hersteller Johnson & Johnson gilt bereits die erste Impfung als ausreichen. Hier meldeten die USA Anfang der Woche 45,7 Prozent. In MV waren es da gerade mal 28 Prozent. Allerdings: In den USA stieg dieser Wert pro Woche zuletzt um etwa 1,5 Prozentpunkte, in Mecklenburg-Vorpommern um rund fünf Prozentpunkte.
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