Corona-Impfpanne

Überdosierung war höher als in allen Tests

Stralsund / Lesedauer: 3 min

Bei der Corona-Schutzimpfung in Mecklenburg-Vorpommern gab es gleich am ersten Tag eine schwere Panne. Wer übernimmt jetzt die Verantwortung für die fünffache Überdosierung?
Veröffentlicht:28.12.2020, 17:38
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Nach schweren Überdosierungen bei acht Impfkandidaten in einem Stralsunder Pflegeheim hat Vorpommern-Rügens Landrat Dr. Stefan Kerth (SPD) sein Bedauern über den Impf-Unfall ausgedrückt. „Ich bedauere den Vorfall zutiefst. Dieser Einzelfall ist auf individuelle Fehler zurückzuführen. Ich wünsche allen Betroffenen, dass bei ihnen keine gravierenden Nebenwirkung auftreten“, so Kerth in einer Mitteilung des Landkreises.

Acht Mitarbeitern eines Pflegeheims in Stralsund war am Sonntag versehentlich die fünffache Dosis des Corona-Impfstoffes verabreicht worden. Sieben Frauen und ein Mann im Alter von 38 bis 54 Jahren seien danach nach Hause geschickt worden. Vier der Betroffenen hatten sich dann zur Beobachtung vorsorglich stationär in einem Krankenhaus aufnehmen lassen. Sie zeigten grippeähnliche Symptome und stehen alle im Kontakt mit dem Gesundheitsamt. Am Montagnachmittag wurden drei der Betroffenen wieder aus dem Krankenhaus entlassen.

Eine Sprecherin des Gesundheitsministerium von Harry Glawe (CDU) in Schwerin wollte sich zu dem Vorfall in Stralsund nicht weiter äußern. Sie verwies darauf, dass die Landkreise für die Organisation der Impfungen verantwortlich sind. Vergleichbare Fälle seien bislang nicht bekannt.

Mecklenburg-Vorpommern hat zum Start der Impfkampagne am Sonntag knapp 10.000 der begehrten Impfdosen erhalten. Weitere sollten Montag und Mittwoch nachgeliefert werden. 32 Dosen wurden durch den Vorfall in Stralsund verschwendet. Mobile Teams sollen bis Jahresende vorallem Bewohner und Personal in Alten- und Pflegeheime mit dem Impfstoff versorgen. Am Montag wurden in MV neun weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus gemeldet.

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Mit der Dosis steigen die Nebenwirkungen

Die Impfflüssigkeit wird vom Hersteller Biontech in kleinen Fläschchen geliefert, in denen fünf Impfdosen enthalten sind. Sie müssen vor der eigentlichen Impfung verdünnt werden. Der Landkreis teilte mit, dass nach Informationen des Herstellers Biontech größere Dosen des Impfstoffes in der Phase-1-Studie bereits an Probanden ohne schwerwiegende Folgen getestet worden seien. Es seien keine bleibenden unerwünschten Ereignisse gemeldet worden. Lokale Reaktionen an der Injektionsstelle und grippeähnliche Symptome träten dosisabhängig auf und seien im Allgemeinen leicht bis mittelmäßig und vorübergehend.

Eine Sprecherin von Biontech bestätigte diese Informationen. In den Versuchen seien Mengen bis zu 100 Mikrogramm ohne schwerwiegende Folgen verabreicht worden. Die übliche Impfdosis liege bei 30 Mikrogramm. Mithin liegt die Überdosierung der Betroffenen in Stralsund deutlich über den Test-Limits.

Die Biontech-Sprecherin verwies auf die ausführliche Produktinformation ihres Unternehmens. Der erste Satz laute: „Dies ist eine Mehrdosendurchstechflasche, deren Inhalt vor der Verwendung verdünnt werden muss.“ Laut Beilage enthält eine Flasche 0,45 Milliliter, nach dem Verdünnen sollen daraus fünf Dosen mit je 0,3 Milliliter entstehen.

Auch Pannen in Bayern

Neben dem Vorfall in Stralsund wurde auch aus sechs Landkreisen Bayerns Pannen gemeldet. Wegen möglicher Probleme in der Kühlkette für den Impfstoff musste der für Sonntag geplante Start der Corona-Impfungen verschoben werden. „Beim Auslesen der Thermometermessungen in den zentral beschafften Kühlboxen sind Zweifel an der Einhaltung der Kühlkette für den Impfstoff aufgekommen“, hieß es in einer Erklärung.

Der Pannen-Impfstoff soll nun nicht verwendet werden. 1000 Dosen bleiben im Depot, wie ein Sprecher des Landratsamts Lichtenfels der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Dies hätten sämtliche von der Panne in der Kühlkette betroffenen Landräte in Oberfranken gemeinsam beschlossen, eine entsprechende Erklärung werde vorbereitet. Einzig in der Stadt und im Landkreis Bamberg hatte es keine entsprechenden Probleme gegeben.

„Von fachlicher Seite wird der Impfstoff als durchaus impfbar eingeschätzt“, erläuterte der Sprecher des Landratsamtes. Allerdings wollten die Verantwortlichen jegliche Zweifel ausräumen und der Bevölkerung einen hundertprozentig einwandfreien Impfstoff anbieten.