Verbrannte Akte – bricht Schwesigs Verteidigung zusammen?
Schwedt / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Die Verteidigungsstrategie von Manuela Schwesig und Heiko Geue in der Affäre um die verbrannte Steuerakte ist klar: Bei allen offenen und vermeintlich für die beiden SPD-Politiker gefährlichen Fragen verweisen sie auf das Steuergeheimnis. Motto: Der Finanzminister durfte aufgrund des Steuergeheimnisses nichts sagen – und die Ministerpräsidentin durfte aufgrund des Steuergeheimnisses nichts wissen. Doch hält diese Verteidigungsstrategie die Landesregierung in schwerer politischer See über Wasser?
Gleich drei Politiker unterschiedlicher politischer Herkunft bewerten die Taktik Schwesigs und Geues kritisch. Erwin Sellering beispielsweise, vor seiner Zeit als Ministerpräsident in Mecklenburg-Vorpommern langjähriger Richter und Jurist, betonte am Dienstag auf einer Pressekonferenz, dass das Steuergeheimnis im Fall der verbrannten Akte nicht gelte, da es vordergründig nicht um den Inhalt der Akte gegangen sei, sondern ob eine Finanzbeamtin die Akte nicht korrekt aufbewahrt oder zwischenzeitlich verlegt habe.
Ex–Gerichtsdirektor glaubt an Ausrede
Ähnlich argumentiert auch Horst Förster, ehemaliger Direktor des Amtsgerichts Neubrandenburg und heute Landtagsabgeordneter der AfD. „Das Steuergeheimnis schützt den Steuerpflichtigen, nicht aber das Finanzamt. Es ging im Fall der verbrannten Akte alleine darum, dass die Steuererklärung bei dem Finanzamt außer Kontrolle geraten war und schließlich durch Verbrennen in einem Kamin entsorgt wurde – also um die Aktenführung in der Behörde beziehungsweise das Fehlverhalten einer Beamtin im Umgang mit den Anträgen. Das sind Tatsachen, die nicht im Entferntesten etwas mit dem geheim zu haltenden Inhalt der Steuererklärung zu tun haben“, erläuterte Förster.
Die Flucht des Ministers und der Ministerpräsidentin in das Steuergeheimnis entlarve sich laut Förster als eine ziemlich absurde Ausrede, die zudem mit der Lebenswirklichkeit des internen Informationsaustauschs im Kabinett kaum zu vereinbaren sein dürfte, vor allem nicht in einer Angelegenheit mit der hier vorliegenden Brisanz. „Es ist weder nachvollziehbar noch glaubhaft, dass Geue die Ministerpräsidentin nicht über den Vorfall informiert hat. Ihm ist nicht abzunehmen, dass er sich daran durch das Steuergeheimnis gehindert sah“, so der AfD-Landtagsabgeordnete.
Steuergeheimnis kein Deckmantel für Einflussnahme
Zur Erinnerung: Der Finanzminister behauptet, dass er im April/Mai 2022 von der zunächst verschwundenen Steuerakte der Klimastiftung vom Finanzamt Ribnitz-Damgarten erfahren habe, dies aber der Ministerpräsidentin erst auf deren Nachfrage vor wenigen Tagen gesagt hätte. Schwesig selbst habe kurz zuvor nach eigenen Worten durch Medienberichte von der verbrannten Akte erfahren und darauf hin beim Finanzminister nachgefragt.
Gegenwind erhält die Landesregierung auch aus der CDU. Philipp Amthor, Bundestagsabgeordneter aus Vorpommern, macht deutlich, dass das Steuergeheimnis die Steuerdaten von Bürgern schütze, aber kein Deckmantel für politische Einflussnahme oder gar für politische Verfehlungen in einem Steuerverfahren sei. Das habe das Bundesverfassungsgericht schon vor 30 Jahren in einer Leitentscheidung klargestellt. „Insofern kann ich mich Herrn Sellering nur anschließen, dass man Frau Schwesig und ihrem angeschlagenen Finanzminister diese Nebelkerze nicht durchgehen lassen darf“, meinte der CDU-Politiker.
Stiftung hat Klage eingereicht
Wenn die Landesregierung nichts zu verbergen habe, müsse neben den bekannten Unterlagen des Finanzamtes jetzt auch alle Unterlagen aus den Ministerien in Sachen Schenkungssteuer offengelegt werden. Amthor weiter: „Herr Sellering und kritische Journalisten klagen für diese Akteneinsicht, die von Herrn Geue und Frau Schwesig verhindert wird. Das ist die bittere Wahrheit.“
Das sieht Heiko Geue naturgemäß ganz anders. Wiederholt beteuerte der Finanzminister, dass es keine politische Einflussnahme hinsichtlich der Schenkungssteuer im Fall der Klimastiftung gegeben habe. Ob die Stiftung jetzt 9,8 Millionen Euro Schenkungssteuer – wie vom Finanzamt Ribnitz-Damgarten festgelegt – zahlen müsse, müsse jetzt das Finanzgericht beurteilen. Die Stiftung hatte dort eine entsprechende Klage eingereicht.