Awo-Affäre

Verliert die Wohlfahrt in MV ihre Gemeinnützigkeit?

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Der Ärger über den von der SPD maßgeblich vorgegebenen Abschlussbericht zum Awo-Untersuchungsausschuss führt dazu, dass auch die Linken ein Sondervotum angeben – und deutliche Konsequenzen fordern.
Veröffentlicht:18.11.2020, 11:35
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Von:
  • Author ImageAndreas Becker
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Vier Jahre hat Karin Larisch als Obfrau für die Linksfraktion im Awo-Untersuchungsausschuss gesessen – am Mittwoch hat sie sich den aufgestauten Frust von der Seele geredet. Die Politikerin aus Güstrow übte dabei scharfe Kritik am Sozialministerium, an den Finanzämtern und der Wohlfahrt selbst.

Linke stellt üppige Spitzenverbandsförderung der Wohlfahrt in Frage

„Es ist mir beispielsweise bis heute völlig unverständlich, warum das Finanzamt in Waren der Awo Müritz stets die Gemeinnützigkeit erteilt hat, obwohl dort sowohl der Awo-Geschäftsführer als auch der Awo-Vorsitzende exorbitant hohe Gehälter über Jahre kassiert haben”, wetterte Larisch. Die Oppositionspolitikerin wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass diese hohen Gehälter durch die üppige Spitzenverbandsförderung des Landes in Richtung Wohlfahrtsverbände erst möglich geworden seien.

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„Deshalb gehören diese Spitzenverbandsförderung und die Gemeinnützigkeit definitiv auf den Prüfstand.” Es müsse grundsätzlich überlegt werden, ob Landesgeschäftsstellen der Wohlfahrtsverbände überhaupt noch in den Genuss der Förderung kommen sollten. „Es geht gar nicht, dass wir eigenständige Kreisverbände in der Wohlfahrt haben und die finanziell stark geförderten Landesverbände beziehungsweise ihre Geschäftsstellen sind zahnlose Tiger. Die gesamte Konzernstruktur in den Sozialverbänden steht in Frage”, betonte Larisch. Und man solle sich auch die Frage stellen, ob die Liga (dort sind alle Spitzenverbände der Wohlfahrt zusammengeschlossen, d. Red.) überhaupt noch gebraucht werde.

+++ Hier können Sie den gesamten Entwurf des Berichtes als Pdf herunterladen. +++

Vetternwirtschaft in der Wohlfahrt muss ein Ende haben

Gleichzeitig nahm Larisch die enge Verquickung von ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern mit ihren privatwirtschaftlichen Interessen ins Visier. „Der Bauunternehmer, der im Vorstand eines Wohlfahrtsverbandes sitzt und sämtliche Bauaufträge dieses Verbandes bekommt, die Apothekerin, die ebenfalls im Vorstand sitzt und die Medikamentenversorgung des Wohlfahrtsverbandes übernimmt, der Versicherungsunternehmer, der auch im Vorstand sitzt und alle Mitarbeiter des Wohlfahrtsverbandes versichert – das muss endlich ein Ende haben”, so die Linkspolitikerin.

Kritik an Versorgungsmentalität von Politikern

Und noch etwas hat die Linksfraktion nach dem Awo-Untersuchungsausschuss auf der politischen Agenda. „Da viele Politiker nach dem Verlust eines Mandates mit einem Versorgungsposten in der Wohlfahrt belohnt werden, müssen wir eine Karenzzeit einführen. Das heißt: Wer aus der Politik ausscheidet, darf erst nach einer gewissen Zeit ein Amt in der Wohlfahrt übernehmen”, sagte Larisch.

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Nicht zu vergessen beim politischen Rundumschlag der Linkspolitikerin: „Es ist ein Unding, dass es viele, viele Jahre gedauert hat, bis das Sozialministerium endlich eine Förderrichtlinie für die Wohlfahrt entwickelt hat. Und es geht auch gar nicht, dass jetzt noch im Landesamt für Gesundheit und Soziales Verwendungsnachweise aus den Jahren 2015/16 geprüft werden. Und das auch es, nachdem der Untersuchungsausschuss und die Medien Druck aufgebaut haben.”