Vielen Spielhallen in MV droht das Aus
Schwerin / Lesedauer: 3 min

Es war im Juni 2021 und nach 15 Jahren Großer Koalition eine der letzten Amtshandlungen der rot-schwarzen Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns: SPD und CDU zogen trotz Protestes aus den Oppositionsreihen und Teilen der Wirtschaft die Änderung des Glücksspielstaatsvertrages durch. Die Konsequenz der Gesetzesänderung: Zwischen Spielhallen muss jetzt ein Abstand von mindestens 500 Metern Luftlinie liegen. Auch Schulen wurden mit einem Bannradius von 500 Metern versehen. Und: Wettvermittlungsstellen dürfen sich künftig nicht näher als 200 Meter zueinander oder zu Schulen befinden.
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Sven Müller, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmerverbände, kommentierte seinerzeit die Entscheidung mit deutlichen Worten: „Wider besseren Wissens und trotz wiederholter ausführlicher Erläuterungen der Branche hat die Regierungsfraktion SPD mit Koalitionsdruck und dem heutigen Beschluss mehrere hundert sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in MV vernichtet.” Die Sozialdemokraten verteidigten die Entscheidung mit Hinweis auf den besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Spielsuchtrisiken.
Nach anderthalb Jahren gibt es erneut Widerstand
Jetzt, knapp 1,5 Jahren nach dem Beschluss, regt sich erneut massiver Widerstand. Die FDP hat das Thema auf die Sitzung des Innenausschusses des Landtages am Donnerstag gehoben und ein Expertengespräch beantragt. Sollte dieser Antrag vom Ausschuss angenommen werden, hätten die im Landtag vertretenen Fraktionen die Möglichkeit, Sachverständige in einer Anhörung zu Wort kommen zu lassen – und gegebenenfalls das Glücksspielgesetz neu zu justieren.
Denn die Folgen der Änderungen aus dem Juni 2021 seien nach Einschätzung der Deutschen Automatenwirtschaft fatal. „Mehr als 100 der insgesamt rund 190 Spielhallenstandorte in Mecklenburg-Vorpommern sind von der Schließung bedroht, 500 Arbeitsplätze in höchster Gefahr”, sagte Johannes Weise, Beauftragter der Deutschen Automatenwirtschaft für Länderkommunikation in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, gegenüber dem Nordkurier.
Gleichzeitig dürften den Kommunen vor Ort Steuereinnahmen in Höhe von etwa 30 Millionen Euro wegbrechen. In ihrer Existenzangst hätten etliche Betreiber von Spielhallen gegen die Schließung ihrer Betriebe geklagt. Allein vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald seien derzeit 41 Klagen anhängig.
Abstandsregel auf den Prüfstand?
Unterstützung erhält die Glücksspielbranche von Michael Noetzel, innenpolitischer Sprecher der Linken und damit Teil der rot-roten Landesregierung. „Die jetzige Regelung sollte dringend erneut auf den Prüfstand. Die 500-Meter-Abstandsregel sei ohne Härtefallregelung in Zeiten von Online-Glücksspiel nicht mehr angemessen und gehe an der Realität vorbei. Die Hauptgefahrenquelle für Kinder und Jugendliche in Bezug auf Suchtverhalten sind Online-Games und nicht Spielhallen”, sagte Noetzel.
In dem Zusammenhang verwies Johannes Heise mit Nachdruck darauf, dass durch die Schließung von Spielhallen Glücksspiele zunehmend in die Illegalität abdriften. „Es werden Wohnungen angemietet oder in Sisha-Bars dunkle Hinterzimmer eingerichtet, um Glücksspiele inoffiziell zu veranstalten. Das fördert die Kriminalität”, so der Branchenvertreter.
Innenministerium: Regelung ist nicht neu
Das Innenministerium wies am Mittwoch darauf hin, dass es sich bei der entsprechenden Gesetzespassage nicht um eine neue Regelung handele. Vielmehr seien die Abstandsregelung im Jahr 2021 unverändert aus dem seit 2012 geltenden Recht übernommen worden.
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Die 2012 geschaffene großzügige Übergangszeit von neun Jahren für Spielhallen, die gegen diese Abstandsregelung verstießen, sei 2021 ausgelaufen und nicht verlängert worden, da auch der Glücksspielstaatsvertrag 2021 keine erneute Übergangsregelung vorgesehen habe, betonte eine Sprecherin. „Die betroffenen Spielhallenbetreiber wissen also seit 2012, dass sie einen neuen Standort benötigen, um ihr Geschäft fortführen zu können.”