Absturz nach Irrflug
Was geschah an Bord von Flug OE-FGR?
Laage / Lesedauer: 4 min

Die Passage von Flug OE-FGR über Mecklenburg-Vorpommern dürfte so im Grunde jeden Tag dutzende Male vorkommen: Gegen 18.24 Uhr, so zeigen es Daten, die auch jetzt noch von Jedermann im Internet nachgelesen werden können, trat das Flugzeug in Höhe des Amtes Neuhaus an der Elbe mit nordöstlichem Kurs in den Luftraum über Mecklenburg-Vorpommern ein, passierte Städte wie Ludwigslust, Crivitz, Güstrow und Laage, ehe es über Stralsund und dann quer über Rügen flog.
Maschine flog von Rügen aus aufs offene Meer
Um 18.46 verließ es den deutschen Luftraum in Höhe Sassnitz, flog hinaus auf die Ostsee. Von 18.53 bis 18.55 Uhr flog es zum letzten Mal über Land, als es die dänische Insel Bornholm überquerte.
Doch was im Normalfall ein ganz normaler Überflug war, war im Falle des österreichischen Privatjets das tragische Ende eines Irrflugs, der zu diesem Zeitpunkt schon eine gute Stunde dauerte - und noch knapp eine weitere dauern sollte. Gegen 19.36 Uhr registrierten die Flugverfolgungs-Systeme, wie die Maschine ihren schnurgeraden Kurs verließ und nach einigen Kreisen um 19.45 Uhr wenige Seemeilen vor der Küste von Lettland in die Ostsee stürzte, vermutlich wegen Treibstoffmangels.
Vier Personen an Bord – angeblich eine Familie
Insgesamt zwei Stunden war die Maschine vom Typ Cessna Citation 551 zum Zeitpunkt ihres Absturzes führungslos durch den Luftraum geflogen. An Bord sollen sich unbestätigten Berichten zufolge vier Personen befunden haben – neben dem Piloten eine dreiköpfige Familie: Vater, Mutter und Tochter.
Die Zeitung „El País“ berichtete unter Berufung auf spanische, mit dem Vorfall vertraute Quellen von einer deutschen Familie, der die Maschine gehört haben soll - einem älteren Mann, seiner Frau, einer Tochter des Paares und einem Mann in deren Alter. Nach Informationen der österreichischen Nachrichtenagentur APA war der Jet in Österreich registriert und auf ein deutsches Unternehmen zugelassen.
Gestartet war der Jet in Südspanien, in Jerez de la Frontera. Sie war angeblich auf dem Weg nach Riga, in Köln war eine Zwischenlandung zum Tanken geplant. Bereits kurz nach dem Start in Spanien soll der Pilot über Probleme mit dem Kabinendruck geklagt haben. Danach riss, inzwischen war die Maschine über Frankreich, der Funkkonktakt ab.
Eurofighter versuchten, Kontakt zum Piloten aufzunehmen
Als das Flugzeug in den deutschen Luftraum eintrat, wurde es bereits von zwei französischen Düsenjägern flankiert, später übernahmen zwei Eurofighter der Alarmrotte der Luftwaffe in Rostock-Laage die Begleitung der Maschine, ehe sie über der Ostsee von dänischen Kollegen abgelöst wurden.
Alle Kampfpiloten versuchten offenbar vergebens, etwas im Cockipt der Maschine zu erkennen. Die Piloten der Luftwaffe, hieß es abends von einem Bundeswehr-Sprecher, hätten jedoch keine Personen im Cockpit der Maschine ausmachen können. Womöglich befand sich der Pilot nicht auf seinem Platz oder war in Folge von Bewusstlosigkeit auf seinem Sitz zusammengesackt.
Druckabfall in der Kabine?
Ein Experte für Luftsicherheit, Hans Kjäll, sagte der schwedischen Nachrichtenagentur TT, Druckprobleme könnten dazu geführt haben, dass die Passagiere das Bewusstsein verloren hätten. Gerade in Höhen, in denen Kleinflugzeuge unterwegs seien, könne dies schnell passieren.
Unter Luftfahrtkennern hatte sich der Irrflug des Flugzeugs bereits herumgesprochen, sodass der Flug und sein tragisches Ende zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Absturzes wohl von etlichen Menschen live im Internet verfolgt worden sein dürfte.
Ölteppich und Wrackteile auf dem Meer gesichtet
Unmittelbar danach lief vor der Küste Lettlands eine großangelegte Suchaktion mit Hubschraubern, Flugzeugen und Schiffen nach Überresten des Flugzeugs oder seiner Insassen an. Am späten Abend hieß es von schwedischen Medien, schwedische Rettungsflieger hätten in Höhe der vermuteten Absturzstelle einen Ölteppich und Wrackteile gesichtet. Ein Behördenvertreter sagte der lettischen Nachrichtenagentur Leta, dass die Rettungsaktion derzeit auf Hochtouren laufe. An dem Einsatz, zu dem auch eine Passagierfähre des Unternehmens Stena Line umgeleitet wurde, wollten sich auch Kräfte der Luftwaffe beteiligen. Die Fähre sollte sich für mögliche Rettungseinsätze bereithalten.
Der Leiter des lettischen Seerettungskoordonationszentrums sagte zuvor im lettischen Fernsehen, derzeit würden Suchaktionen koordiniert und das Gebiet durchkämmt. Suchhubschrauber aus Litauen und Schweden seien auch beteiligt. Derzeit besteht noch Uneinigkeit darüber, in welches Hoheitsgebiet der Absturz fällt.
Maschine mit Druckkabine für einen Piloten
Die Cessna 551 ist ein für den Flug mit nur einem Piloten zugelassenes Modell der Citation-Bauserie, für den Reiseflug ist es mit einer Druckkabine ausgestattet. Der Flugzeugtyp gilt als äußerst zuverlässig.