Wilde Natur in MV
Was ist zu tun, wenn mir ein Wolf begegnet?
Schwerin / Lesedauer: 5 min

Susanne Böhm
Was ist zu tun, wenn einem ein Wolf begegnet? Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschafts- und Umweltminister Dr. Till Backhaus hat jetzt entsprechende Tipps veröffentlicht. Er reagiert damit auf den unheimlichen Vorfall bei Ueckermünde, bei dem eine Frau beim Spaziergang mit ihrem Hund von mehreren Wölfen verfolgt wurde.
„Werden Menschen durch Hunde begleitet, kann dies das Verhalten von Wölfen beeinflussen. Im Einzelfall können Hunde Auslöser für Nahbegegnungen zwischen Wolf und Mensch sein oder auch dafür, dass Wölfe sich über längere Zeit in Siedlungsbereichen oder deren Umfeld aufhalten”, erklärt der Minister.
Grundsätzlich sollten Hunde beim Spaziergang in Regionen, in denen mit Wölfen zu rechnen ist, immer angeleint sein. Es könne vorkommen, dass sich Wölfe für Hunde interessieren, weil sie in ihnen Artgenossen oder zumindest nahe Verwandte sehen. Je nach Situation könnten Wölfe auf Hunde unterschiedlich reagieren.
Manchmal wird der Hund als Spielgefährte betrachtet
Meistens sei die Reaktion gleichgültig, manchmal werde der Hund als Paarungspartner oder Spielgefährte betrachtet, es könne aber auch passieren, dass der Wolf in dem Hund einen Konkurrenten sieht. Wichtig sei, den Hund immer in seiner Nähe zu haben, um zu verhindern, dass „Wolf und Hund direkt interagieren”.
Kommt der Wolf trotzdem näher, solle man durch Schreien und Klatschen „seine Präsenz deutlich machen”. In der Regel ergreife der Wolf dann die Flucht.
Kritisch werde es dann, wenn sich der Wolf deutlich auffälliger verhält. Wenn der Wolf dem Menschen zum Beispiel mehrfach näher als 30 Meter komme, sich „aktiv nähert oder unprovoziert aggressiv auf Menschen reagiert”. Sollte sich ein Wolf über mehrere Tage hinweg näher als 30 Meter an Häuser heranwagen, sei dies ebenfalls ein Warnsignal. „Solche Nahbegegnungen sind – soweit möglich – zu dokumentieren und den zuständigen Stellen zu melden”, rät Till Backhaus. Sollten Wölfe eine unmittelbare Gefahr für Menschen darstellen, sei sofort die Polizei zu verständigen.
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Am besten Ruhe bewahren
Grundsätzlich gelte es, Ruhe bewahren. „Wer einen Wolf sieht, sollte sich ruhig verhalten, am besten stehen bleiben und Abstand halten. Das Tier könne auch angesprochen werden. Dann werde es vermutlich rasch verschwinden.
Wer es doch mit der Angst zu tun bekommt, solle nicht weglaufen, sondern langsam rückwärts gehen und dabei laut sprechen. Falls der Wolf nicht wegläuft oder sich nähert, solle man wieder stehen bleiben, ihn anschreien und klatschen. Man könne auch versuchen, das Tier einzuschüchtern, indem man sich groß macht, eventuell etwas wirft.
Seit dem Jahreswechsel würden vermehrt Wölfe gesichtet. Das sei so, weil sich die Rudel gerade umstrukturieren. Die einjährigen Jungwölfe würden immer weitere Ausflüge unternehmen, bis sie ihre Eltern schließlich ganz verlassen, um sich eigene Territorien zu suchen. In dieser Phase seien die jungen Wölfe sehr aktiv und würden entsprechend häufiger gesehen.
Das Erlebnis der Frau bei Ueckermünde gehört dabei zu den bisher spektakulärsten Wolfsbegegnungen. Sie war mit ihrem Hund im Wald unterwegs, als vor ihr plötzlich mehrere Rehe über den Weg sprangen – und hinterher ein kleines Wolfsrudel. Als die Wölfe Frau und Hund sahn, vergaßen sie die Rehe, betrachteten neugierig die Spaziergänger und folgten beiden minutenlang.
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Sichtungen sollten immer gemeldet werden
Auf der Internetseite www.wolf-mv.de gibt es Kontaktdaten zu Ansprechpartnern, bei denen Wolfssichtungen oder andere Hinweise im Zusammenhang mit Wölfen gemeldet werden können. Übergriffe auf Nutztiere sowie Hinweise zu verhaltensauffälligen Wölfen können unter der Schadenshotline gemeldet werden. Anderweitige Monitoringhinweise oder Wildtierrisse nimmt das Wolfsmonitoring entgegen. Diese Meldungen stellen nach Auskunft von Till Backhaus „einen wichtigen Baustein dar, um das Vorkommen und das Verhalten der Wölfe einschätzen und in geeigneter Weise reagieren zu können”.
Im Jahr 2020 sei ein deutlicher Anstieg von Rissvorfällen festzustellen gewesen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden 90 potenzielle Rissvorfälle begutachtet, bei denen nach aktuellem Stand ein Wolf als Verursacher nachgewiesen oder nicht ausgeschlossen werden konnte. Dabei wurden 332 Nutztiere getötet und 107 verletzt. Überwiegend wurden Schafe gerissen, in einigen Fällen waren auch Damwild oder Kälber betroffen. Im Vergleich zum Jahr 2019 (42 Rissvorfälle, 150 getötete und 54 verletzte Nutztiere) ist das ein Anstieg um rund 120 Prozent. Die Schwerpunkte lagen dabei in den Landkreisen Ludwigslust-Parchim, Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern-Greifswald. Nicht von allen Rissvorfällen liegen die abschließenden Ergebnisse der Genetikuntersuchungen bereits vor.
Vermehrt Risse zwischen Greifswald und Stralsund
Seit vergangenem Herbst gebe es vermehrt Rissvorfälle in den Regionen rund um Neukloster sowie zwischen Greifswald und Stralsund. Hier würden die betroffenen Nutztierhalter intensiv beraten, um weiteren Rissen entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang verweist Till Backhaus noch einmal auf die Wolfshotline unter der Nummer 0170-7658887. Unter dieser Nummer können an sieben Tagen in der Woche Rissvorfälle gemeldet werden. Von hier wird die Begutachtung der Vorfälle durch geschulte Rissgutachter organisiert.
Seit November 2018 sei das ganze Land, mit Ausnahme von Rügen, Poel und weiterer Ostseeinseln, als „Wolfsgebiet“ definiert. Dies bedeute, dass hier immer mit der Anwesenheit von Wölfen und mit Übergriffen auf Nutztiere gerechnet werden könne. Viele Nutztierhalter seien bereits „sehr aufmerksam und sensibilisiert für das Thema Wolf. Dennoch sind alle angehalten, insbesondere die Halter von Schafen, den Schutz ihrer Tiere zu prüfen”. Landesweit würden informieren Präventionsberater zu geeigneten Schutzmaßnahmen und die Möglichkeiten der Förderung beraten. Unter folgenden Telefonnummern können Beratungen vereinbart werden: 03847-43500 oder 0171-7270624.