Was MV von Hamburg bei der neuen Grundsteuer lernen kann
Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Hamburg lässt im Internet die Möwe fliegen, an Bushaltestellen erscheint auf Werbetafeln auffällig oft der Slogan „Fair für alle!“. Die Hafenstadt läuft sich warm für eines der größten Reformvorhaben der vergangenen Jahre in Deutschland, das überall sowohl Eigentümer als auch Mieter nicht ungeschoren lassen wird. Die zentrale Botschaft der Kampagne: „Wohnen in Hamburg soll sich durch diese Grundsteuerreform nicht weiter verteuern“, verspricht der dortige Senat.
Brandenburg und MV sind noch zurückhaltend
In Brandenburg und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern wird die Werbetrommel für die Reform noch sehr leise gerührt. Nur besonders Interessierte finden auf den Internetseiten der Finanzministerien erste Hinweise auf den formularträchtigen Sommer. Während das Ministerium in Potsdam auf seiner Startseite per Foto seit Mitte März auf das Thema verweist, hat Mecklenburg-Vorpommern erst am Dienstag nachgezogen. Dafür mit kurzer Videobotschaft von Finanzminister Heiko Geue (SPD).
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Die im Gegensatz zu Hamburg auffällige Zurückhaltung begründet ein Sprecher des Schweriner Finanzministers auf Anfrage: Noch gehe es darum, den Ball flach zu halten, um die Finanzämter nicht zu früh mit Anfragen zu überschwemmen. Denn die wird es geben, wenn in Mecklenburg-Vorpommern 1,2 Millionen und in Brandenburg 1,8 Millionen Grundstücke neu bewertet werden müssen. Auslöser dafür war das Bundesverfassungsgericht, das angesichts jahrelanger Verweigerung aus der Politik die Notbremse gezogen hatte. Jetzt soll Gerechtigkeit hergestellt werden, indem die Bewertung von Immobilien auf den neuesten Stand gebracht wird.
Enger Zeitplan bis Ende Oktober
Ab dem 1. Juli rollt auf Eigentümer und Finanzämter eine Lawine von Arbeit zu. Kurz zuvor sollen alle betroffenen Haushalte noch einmal per Informationsschreiben darauf aufmerksam gemacht werden. Egal, ob Hamburg, Anklam oder Prenzlau: Bundesweit muss bis zum 31. Oktober für jedes Grundstück eine Erklärung abgegeben werden. Wenig Zeit für die Betroffenen, doch der Zeitplan ist eng gestrickt. Nach der Bearbeitung durch die Finanzämter berechnen Städte und Gemeinden die genaue Höhe der Grundsteuer, die ab 2025 kassiert werden soll.
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Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg haben entgegen allen Warnungen von Verbraucherverbänden vor einer drastischen Steuererhöhung und einer überbordenden Bürokratie auf das so genannte Bundesmodell für die Reform gesetzt. Die mögliche Öffnungsklausel, die vor allem Bayern erkämpft hatte, wird nicht genutzt.
Es wird Gewinner und Verlierer geben
Das Bundesmodell beinhaltet eine Wertkomponente, die manchem Steuerzahler Kopfzerbrechen und den Behörden zusätzlichen Aufwand bereiten wird. In die Berechnung des Grundstückswerts soll eine fiktive Kaltmiete einfließen, die nach früheren Angaben aus Schwerin anhand einer Referenztabelle, die sich an Baujahr sowie Wohnfläche orientiert, ermittelt wird. Für Mietwohnungen ist ein Stufensystem geplant, das die Lage der Immobilien einfließen lässt.
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„Es wird zweifellos Gewinner und Verlierer geben“, hatte der heutige Schweriner Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) vor gut einem Jahr eingeräumt. Ihm sei es wichtig, dass die Eigentümer wertvollerer Grundstücke und Immobilien auch eine höhere Grundsteuer zahlen müssten. Unter seiner Regie als damaliger Finanzminister war die Entscheidung für das Bundesmodell gefallen. Damit verbunden: Die personelle Aufstockung der Finanzverwaltung in MV um mehr als 100 Stellen. Das hatte die Kritik des Steuerzahlerbundes hervorgerufen.
Hamburg unterscheidet nur nach zwei Wohnlagen
In Hamburg ticken die Uhren anders. Die Hansestadt hat sich für ein eigenständiges Modell entschieden – nicht ohne Seitenhiebe auf die in MV, Brandenburg und neun weiteren Bundesländern verwendete Bundesvariante. Künftig steigende Grundstückspreise würden im Bundesmodell zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führen weil immer wieder Neuberechnungen erfolgen müssten. Dadurch würden allen Beteiligten unnötige Kosten entstehen. Hamburg macht es sich einfach: Unterschieden wird dort zur Wertberechnung nur nach „normaler“ und „guter“ Wohnlage.