Diskussion in MV

Wer soll als Ostdeutscher gelten?

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Wenn es nach den Linken in MV geht, gelten Menschen nur als Ostdeutsche, wenn sie in der DDR geboren wurden. In anderen Parteien kam die Idee nicht gut an.
Veröffentlicht:22.01.2019, 15:06
Aktualisiert:06.01.2022, 14:11

Von:
  • Author Imagedpa
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Über die Frage, wer als Ostdeutscher gilt, ist in Mecklenburg-Vorpommern eine Diskussion entbrannt. Anlass ist eine Kleine Anfrage der Linken-Landtagsfraktion in Schwerin an die Landesregierung. Die Fraktionsvorsitzende Simone Oldenburg will den Anteil Ostdeutscher an wichtigen Posten der Landesverwaltung, wie Minister, Staatssekretäre, Hochschulrektoren oder Geschäftsführer von Unternehmen mit Landesbeteiligung, wissen. Als Ostdeutscher soll dabei nur gelten, wer bis zum 31. Dezember 1975 in der DDR geboren wurde und dort bis 1989 oder kurz davor gelebt hat.

Das rief am Dienstag die Grünen-Bundestagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern, Claudia Müller, auf den Plan. "Ich bin demnach keine Ostdeutsche", sagte die Sprecherin der Landesgruppe Ost der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie ist Jahrgang 1981. Die von den Linken gewählte Definition sei abstrus, sagte Müller. Der Linken liege offensichtlich wenig an den jüngeren Generationen und deren Herausforderungen.

Kokert findet Diskussion albern

Müller schilderte, wie sie selbst ihre Herkunft aus Ostdeutschland als Malus erlebte, als sie sich um einen Praktikumsplatz in einem großen süddeutschen Unternehmen bewarb. "Ich schickte die Bewerbung mit meiner Stralsunder Adresse und bekam eine Absage. Zwei Wochen später schickte ich dieselbe Bewerbung von der Adresse meines Vaters, der damals in Hamburg arbeitete, noch einmal und wurde zum Gespräch eingeladen."

Auch andere Politiker reagierten irritiert. CDU-Fraktionschef Vincent Kokert sagte dem NDR, auch sein Jahrgang 1978 habe sich mit der DDR auseinandersetzen müssen, auch er habe sie noch erlebt. "Ich fühle mich deshalb ganz klar als Ostdeutscher." Allerdings finde er die Diskussion, wer Ostdeutscher ist und wer nicht, fast 30 Jahren nach der Wiedervereinigung albern.

Linke richten sich an einer Studie

Thomas Krüger, der SPD-Fraktionsvorsitzende aus Demmin, hält nichts von der Unterscheidung zwischen Ost und West, wie er dem NDR sagte. Damit grenze man auch Westdeutsche aus. Nikolaus Kramer, AfD-Fraktionschef im Schweriner Landtag, warf den Linken vor, immer noch die Mauer in den Köpfen zu haben. Der Fraktionschef der Freien Wähler/BMV, Bernhardt Wildt, warf den Linken Spaltung vor.

Oldenburg erklärte, ihre Fraktion habe sich bei ihrer Anfrage an der Methodik der Universität Leipzig orientiert, die in ihrer Studie "Wer beherrscht den Osten?" von den genannten Vorgaben ausgegangen sei. Diese Studie hatte ergeben, dass im Jahr 2016 nur 1,7 Prozent der betrachteten gesellschaftlichen Spitzenpositionen mit Ostdeutschen besetzt waren - bei einem Bevölkerungsanteil von 17 Prozent.

Betrachtet wurden führende Positionen in den Bereichen Politik, Medien, Wirtschaft, Wissenschaft, Justiz und Militär. Unter den rund 200 Generälen und Admirälen der Bundeswehr seien zum Beispiel nur zwei Ostdeutsche gewesen, heißt es.