Grünen-Kritik
Wie die Gas-Lobby die Schwesig-Regierung beeinflussen wollte
Schwerin / Lesedauer: 3 min

Lutz Reuter
Wie eng war das Verhältnis zwischen den Betreibern von Nord Stream 2 und MV-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig? Recherchen des Online-Nachrichtenportals „T-Online” und der Plattform „Frag den Staat” legen nahe, dass sich beide Seiten in puncto Öffentlichkeitsarbeit eng abgesprochen haben.
Diktierte Nord Stream 2 die Antworten?
Das soll auch eine an Schwesig adressierte E-Mail eines Sprechers der Nord Stream 2 AG unterstreichen, die eine vorformulierte Antwort in Bezug auf unangenehme Nord-Stream-Fragen enthält.
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Hannes Damm, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Schweriner Landtag, kritisierte umgehend, es sei problematisch, „dass der Sprecher der Nord Stream 2 AG der Ministerpräsidentin Worte 'für zukünftige Diskussionen' in den Mund legt.” Allerdings bleibt die Berichterstattung von „T-Online” uneindeutig in der Frage, ob Schwesig diese „Service-Leistung” je in Anspruch genommen hat.
Staatskanzlei weist Spekulationen zurück
Aus der Schweriner Staatskanzlei wird die Grünen-Kritik jedenfalls entschieden zurückgewiesen. „Die Unterstellungen des Abgeordneten Damm sind falsch. Wir haben das vorformulierte Zitat von Nord Stream 2 zu keinem Zeitpunkt für unsere Öffentlichkeitsarbeit übernommen. Es kommt immer einmal wieder vor, dass uns Unternehmen Informationen zusenden. Was wir sagen, entscheiden wir selbst“, teilte Regierungssprecher Andreas Timm am Freitag auf Nordkurier-Anfrage mit.
„T-Online” behauptet aber, die Staatskanzlei habe kurz nach Eingang der Nord-Stream-Mail im September 2020 mit Blick auf die vorformulierte Antwort „gegenüber dem „Nordkurier” auffallend ähnlich” argumentiert. Konkret ging es dabei um die Frage, ob sich durch den Bau der Eugal-Leitung (der Weiterleitung von Nord Stream 2 auf europäischem Boden) der Gaspreis für deutsche Verbraucher erhöhen wird.
Der Nordkurier-Beitrag von September 2020: Teureres Gas durch Nord Stream 2 in MV?
In der Nord-Stream-Mail an Schwesig hieß es vom Unternehmenssprecher dazu: „Aufgrund der bereits vorliegenden langfristigen Transportbuchungen für die Eugal reichen die zukünftigen Einnahmen aus, um die geplanten Investitionen zu finanzieren. Nur Netzbetreiber, die die Eugal-Kapazitäten gebucht haben, zahlen die Netznutzungsentgelte für die Eugal.”
Argumente zur Eugal-Pipeline
Wenige Tage später gab es zum selben Thema von der Staatskanzlei diese Antwort auf Nordkurier-Anfrage: „Die Eugal wird, wie alle regulierten Pipelines, durch die Netzentgelte refinanziert, die von den Kapazitätsnutzern und damit letztlich von den Verwendern des transportierten Gases bezahlt werden.”
„Bemerkenswert” findet der Grünen-Landtagsabgeordnete Damm, wie sehr sich die Argumente beider Pressestellen „trotz anderer gewählter Formulierungen” gleichen. „Ob nun abgeschrieben wurde oder nicht: Zwischen die Argumentation der Landesregierung und diejenige der Nord Stream 2 AG passt kein Blatt Papier. An der Kritik dieser inhaltlichen Nähe halten wir mit Nachdruck fest”, teilte er dem Nordkurier mit.