StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernWird das LNG–Terminal vor Rügen politisch versenkt?

Energiekrise

Wird das LNG–Terminal vor Rügen politisch versenkt?

Lubmin/Berlin / Lesedauer: 3 min

Widerstand und Protest gegen den Standort vor der Urlauberinsel wachsen. Landes– und Bundesregierung sind im Austausch – vielleicht gibt es sogar noch eine Kehrtwende. 
Veröffentlicht:16.03.2023, 20:24

Von:
  • Andreas Becker
Artikel teilen:

Das Wetter wusste an jenem Tag Mitte September vergangenen Jahres nicht so recht, was es eigentlich wollte. Mal schien die Sonne über dem Greifswalder Bodden, mal regnete es, dann wehte wieder eine steife Brise – die beiden prominenten Gäste der damaligen Erkundungstour vom Hafen Lubmin hinaus auf die Ostsee mussten sich bei der Jackenwahl durchaus flexibel zeigen. Klar war für Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck an diesem wechselhaften Septembertag lediglich, dass vor der Küste Mecklenburg–Vorpommerns ein LNG–Terminal entstehen sollte, um die Energieversorgung für Deutschland zu gewährleisten – auch ohne russische Gas.

Robert Habeck und Manuela Schwesig trafen sich bereits im September 2022 auf dem Greifswalder Bodden, um über die Energieversorgung zu sprechen. (Foto: Stefan Sauer)

Heute, ein halbes Jahr später, hat es fast den Anschein, als wüsste die Politik nicht so recht, was sie eigentlich will. Klar, Manuela Schwesig will Mecklenburg–Vorpommern als Drehkreuz für die Anlandung und Weiterleitung von Energie positionieren – und Robert Habeck reist durch die Welt, um mit allen möglichen Ländern Energieverträge abzuschließen. Aber: So sehr sich Mecklenburg–Vorpommern für das LNG–Terminal in der Ostsee eingesetzt hat, so sehr lehnt die rot–rote Landesregierung den aktuell von der Bundesregierung auserkorenen Standort ab. Laut Ampelkoalition soll das Terminal in Sichtweite der Urlaubsinsel Rügen installiert werden. Dagegen läuft nicht nur die Landesregierung Sturm, gefühlt hat sich der gesamte Nordosten zu Protest und Widerstand entschlossen.

Da die Bundeshauptstadt nur einen Katzensprung von Mecklenburg–Vorpommern entfernt ist und in Bund sowie Land die SPD den Regierungschef stellt, gibt es derzeit einen regen Meinungsaustausch über einen geeigneten Standort. Das in Energiefragen federführende Bundes-wirtschaftsministerium betont auf Nordkurier–Anfrage zumindest, dass die Planungen noch nicht abgeschlossen seien, Gespräche zwischen den Beteiligten noch liefen. Daher könne über Einzelheiten des Projektes noch keine Auskunft gegeben werden.

Landesregierung hält den Ball flach

Auch die Landesregierung versucht, kein zusätzliches Öl ins politische Feuer zu gießen. „Es gibt keinen Widerspruch zwischen den Erklärungen der Bundesregierung und unseren“, sagt Schwesig–Sprecher Andreas Timm. Die Bundesregierung habe im Juli 2022 bekannt gegeben, dass eines der vier mobilen Flüssiggasterminals nach Lubmin komme. Das hätte die Landesregierung begrüßt. Doch Timm macht auch deutlich, dass die Ministerpräsidentin bereits beim Habeck–Besuch vergangenes Jahr darauf hingewiesen habe, dass beim konkreten Standort für das Terminal eine Lösung gefunden werden müsse, die den Tourismus, Umweltaspekte und die Akzeptanz der Bevölkerung berücksichtige.

Und dann legt Timm doch den Finger an die Sollbruchstelle zwischen Bund und Land. „Die Diskussion der vergangenen Wochen hat gezeigt, dass die vorliegenden Pläne die genannten Kriterien nicht erfüllen. Landeswirtschaftsminister Reinhard Meyer hat die Bundesregierung schon vor einiger Zeit um Prüfung alternativer Standorte gebeten. Dazu haben Meyer und Umweltminister Till Backhaus auch Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsministerium geführt“, so der Regierungssprecher aus Schwerin. Man hoffe sehr, dass eine bessere Lösung gefunden werden könne.

Diskussion um mögliche Überkapazitäten

Aufhorchen lässt anschließend eine weitere Botschaft, die der Regierungssprecher auf Nordkurier–Nachfrage platziert. „Zwischenzeitlich sind Stimmen, auch aus den Reihen der Bundestagsfraktion der Grünen, laut geworden, die an der generellen Notwendigkeit des Flüssiggasterminals zweifeln. Deshalb hat die Ministerpräsidentin die Bundesregierung gebeten, die Notwendigkeit noch einmal konkret darzulegen.“ Damit greift Timm eine parallel laufende Debatte auf, in deren Mittelpunkt die Frage steht, ob Deutschland sich derzeit nicht eine LNG-Überkapazität schaffe und ob alle bisher vorgesehenen Terminal–Standorte wirklich benötigt würden.