Schulgeschichte

Als in Teterow 94 Kinder in einer Schulklasse lernten

Teterow / Lesedauer: 3 min

Strenge Sitten herrschten über viele Jahrzehnte in Teterower Schulen. Wer unerlaubt rauchte, trinken ging oder gar was mit einem Dienstmädchen anfing, bekam satte Strafen. Ein Streifzug durch die Schulgeschichte der Bergringsstadt.
Veröffentlicht:16.11.2019, 12:29
Aktualisiert:06.01.2022, 14:46

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Eine Zeitreise in Bildern, Zahlen und Anekdoten ins Schulleben der Stadt unternahmen interessierte Teterower jetzt auf Einladung von Heimatbund und Stadtarchiv. Rappelvoll war es, schließlich ist jeder selbst mal zur Schule gegangen, ob als Schüler oder Lehrer. Letztere waren besonders viele an dem Mittwochabend da, und Referent war auch ein ehemaliger, bekannter Lehrer: Hans-Werner Ruge.

Zwar ist der Versammlungsort im Gemeinderaum der evangelischen Kirche schon feste Adresse für diese wertvollen Heimatbund-Abende. Für dieses Thema aber war er besonders passend: Schließlich waren viele Jahrhunderte lang Kirche und Schule untrennbar miteinander verbunden, war Beten und Kirchenlieder-Pauken erste Schülerpflicht und Religion Fach Nummer eins. Ja, und als es um 1850 erste Vorschläge für eine Trennung beider Institutionen gab, protestierten die konservativen Teterower Lehrer öffentlich gegen diesen „unheilvollen Plan“, wie Hans-Werner-Ruge anhand eines von vielen akribisch herausgesuchten historischen Dokumenten darlegte.

Schülerzahlen platzten aus allen Nähten

Schule fand statt im Küsterhaus, in der Kirche, vermittelt durch Pastoren und Kantoren. Und als Mitte des 19. Jahrhunderts die Schülerzahlen aus allen Nähten platzten, beispielsweise allein eine Knabenklasse 94 Kinder führte, dienten zeitweise auch Gastwirtschaftsräume und Privatunterkünfte als Lernorte. 2000 Kinder zählte der Ort Ende des 19. Jahrhunderts, als Teterow immerhin siebtgrößte Stadt im Mecklenburgisch-Schwerinschen war. Zum Vergleich: Im Jahr 1469 wohnten nur 600 Menschen in Teterow, und nach dem Dreißigjährigen Krieg war nur noch die Hälfte davon übrig geblieben. Ergo baute man um 1860 auf einstigen Ackerflächen am damals so genannten Fliederkamp neue große Schulgebäude: Zuerst als Volksschule, später reine Knabenschule, die heutige Uhrenschule. Darauf die graue Schule für die Mädels mit Richtfest 1885 bei viel Gerstensaft, während die höheren Töchter im Haus der heutigen Praxis Dr. Lange erzogen wurden. Am längsten aber bestand das alte Stadtschulhaus in der Schulstraße 21. Urkundlich erwähnt in Teterow wurde erstmals eine Bildungseinrichtung 1541. Schon im Mittelalter muss es den Ausführungen zufolge eine Fürstenschule für Wohlhabende innerhalb der Stadtmauern gegeben haben.

Es herrschte ein strenges Reglement

Überhaupt war alles etwas anders: Als die Direktoren noch Dirigenten hießen, geisteswissenschaftliche Fächer Realien und die Klassenstufen andersrum gezählt wurden – heißt, Klasse I besuchten die Ältesten. Und es herrschte ein strenges Reglement für böse Buben: Für den unerlaubten Besuch eines Bierlokals etwa der Gastwirtschaft von Witwe Wolf hagelte es drei Stunden Karzer, zwei Stunden für’s Rauchen auf der Straße, Rausschmiss gar für ein „anstößiges Verhältnis mit einem Dienstmädchen“. Vorgeschrieben war auch die Züchtigung mit dünnen Rohren, wobei leicht zu verletzende Körperteile ausgelassen werden sollten. Die Mädchen dagegen sollten zu sanften liebevollen Müttern erzogen werden, die wenigen Lehrerinnen ihr Vorbild sein. Diese sollten auch darüber wachen, dass besonders die älteren Mädchen keine Tanzböden besuchen.

Bei derart viel Züchtigung werden sich die „Gören argert ham“ haben, so ein gewitzter Publikums-Kommentar up Platt, als bei den großen Stadtbränden Anfang des 17. und 18. Jahrhunderts jedes Mal ausgerechnet die Gotteshäuser und Schulen stehen geblieben sind. Nix mit „Hurra hurra die Schule brennt!“ Wie es dann ab 1900 weiter gegangen ist mit den Teterower Schulen, erfährt der geneigte Zuhörer im April.