Geburtstag

Auch mit 101 Jahren immer auf dem Laufenden

Carlsruhe / Lesedauer: 4 min

Der älteste Mann des Amtes Stavenhagen wohnt bis heute in dem Haus, in dem er vor 101 Jahren geboren wurde, erledigt vieles selbst und hat das Weltgeschehen immer im Blick.
Veröffentlicht:29.11.2021, 20:57

Von:
  • Eckhard Kruse
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Für seine 101 Jahre ist Herbert Willert noch recht gut zu Fuß. Er öffnet selbst die Haustür, führt die Gäste ins Wohnzimmer neben der Küche. Dort setzt er sich in einen Sessel, der einen Blick auf den Hof garantiert. Eine Gehhilfe steht dort nur für den Notfall in Reichweite. Der Senior erzählt munter mit seinem Besuch. Dabei auch aus seinem langen Leben, das nun schon über ein Jahrhundert andauert. Denn am Sonntag feierte der Carlsruher gerade zum zweiten Mal seinen ersten Geburtstag.

Nur mit Glück als Soldat den Zweiten Weltkrieg überlebt

Herbert Willert wurde am 29. November 1920 in Carlsruhe geboren. „Hier in diesem Haus“, sagte er. Seine Eltern bewirtschafteten den eigenen Bauernhof. Zwei Jahre später bekam er noch einen Bruder. Willert ging in Carlsruhe zur Schule. Mit 17 Jahren besuchte er die Landwirtschaftsschule in Demmin. Nach der Ausbildung arbeitete er auf dem elterlichen Hof mit den zwölf Hektar Acker. Der 101-Jährige weiß noch, dass die Bauern die Milchkannen abwechselnd zum Kleinbahnhof nach Zettemin brachten. Er erinnert sich gern an das Waldfest von Rottmannshagen und an die Gutsbesitzer in Zettemin, den Grafen von Schwerin, und Rottmannshagen, Arnold Wahnschaffe. „Der war einmal Chef der Reichskanzlei, hatte einen weißen Spitzbart und wurde immer mit Exzellenz angeredet“, erzählte Herbert Willert.

So ging es bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs. „Das waren böse Zeiten“, meinte er. Der Krieg brachte ihn nach Frankreich, in die Sowjetunion, wo er im Winter vor Leningrad ausharren musste. „Zum Kriegsende war ich in Dänemark“, erzählte Herbert Willert. Drei Mal wurde er verwundet. Ein Mal hatte er viel Glück. Ein Bombensplitter traf ihn am Unterkiefer. Da hätte nicht viel gefehlt und sein Leben wäre viel früher zu Ende gewesen. Von der britischen Besatzungszone sei es dann nicht so einfach gewesen, in die Heimat zurückzukehren. Leute mit Ortskenntnissen halfen ihm, die Grenze zu passieren. So kam Willert im November 1945 wieder nach Hause. 1950 heiratete er. Man bewirtschaftete den Hof, trat dann in die LPG Zettemin ein. Willert arbeitete später als Baggerfahrer und ging in den 80er Jahren in Rente.

Mit Nordkurier, Bundesliga und „Sturm der Liebe“

Seine geliebte Frau hat er schon vor Jahren gehen lassen müssen. Doch er hat zwei Töchter, vier Enkel und einige Urenkelkinder. Die Töchter kümmern sich um die Wäsche und kaufen für ihn ein. Der Pflegedienst hilft an manchen Stellen und bringt auch das Mittagessen vom Café am Markt in Stavenhagen mit. Ansonsten kommt Herbert Willert noch allein zurecht. Er liest jeden Morgen den Nordkurier. „Ohne die Zeitung wäre das nicht so gut.“ Schließlich will er wissen, was in der Welt passiert und die täglichen Rätsel lösen.

Von seinem Sessel aus schaut der 101-Jährige auf das Vogelhäuschen mit den Meisen, das er immer wieder mit Futter bestückt. Im Sommer geht er in den Garten, um Erdbeeren und Himbeeren zu pflücken. Er schaut gern die Spiele der Fußballbundesliga und „Sturm der Liebe“. Die Handlung sei nicht so berauschend, schätzte er ein. Doch er sei immer wieder von den wunderbaren Landschaftsaufnahmen begeistert.

Keine große Angst vor einer Corona-Infektion

Wie er so alt geworden ist, dafür hat Herbert Willert selbst keine Erklärung. Wieso einige Menschen länger leben, das sei ein Geheimnis der Natur, meinte er. Der Senior ist natürlich auch gegen Corona geimpft. Aber besondere Sorgen um eine Erkrankung macht er sich nicht.

Im Amt Stavenhagen wusste man noch Folgendes: Herbert Willert ist der älteste Mann im Amtsbereich. In Stavenhagen gebe es noch eine Frau, die auch 101 Jahre zählt. Sie sei aber noch ein wenig älter.