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Brennende Windräder – Wie gefährlich kann das werden?

Seenplatte / Lesedauer: 4 min

Schon zum wiederholten Mal in diesem Jahr erschreckten Bilder von brennenden Windrädern die Region. Was heißt das für die Energiewende und den Brandschutz?
Veröffentlicht:30.10.2022, 17:45

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Die genaue Ursache für den Brand einer Windkraftanlage in Freyenstein vor knapp zwei Wochen einige Kilometer westlich der Müritz ist weiterhin nicht geklärt. Die Ermittlungen laufen noch, erklärte die Polizei dem Nordkurier auf Anfrage. Es werde eng mit dem Betreiber der Anlage zusammengearbeitet. Eine Anzeige wegen fahrlässiger Brandstiftung wurde aufgenommen.

Rückblick: ▶ Millionenschaden nach Brand von Windrad – Polizei prüft Wartungsfehler

Feuerwehr: „Abbrennen lassen”

Die örtliche Feuerwehr hatte gegen das Feuer in großer Höhe nur wenig ausrichten können, wie sie selbst in den sozialen Medien berichtete. So sperrten die Kameraden in erster Linie einfach ab. „Das muss man nur kontrolliert abbrennen lassen“, schrieb die Feuerwehr Wittstock. Es ist nicht der erste Brand einer Windkraftanlage in der Region in diesem Jahr. Erst im Januar hatte bei Demmin ein Windrad Feuer gefangen.

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„Die Bilder sind wirklich erschreckend“, sagt Norbert Schumacher, Parteivorsitzender von Freier Horizont und Vize-Fraktionschef der Freien im Kreistag Mecklenburgische Seenplatte, für den das jüngste Feuer die Brisanz der Problematik noch einmal bestätigt. Schumacher und seine Fraktion hatten wiederholt versucht, Mehrheiten dafür zu gewinnen, die Verwaltung zur Prüfung der aktuellen Vorgehensweise beim Brand von Windrädern zu bewegen – vor allem, weil beim Feuer für die Lunge schädliche, besonders leichte Stoffe in der Luft verteilt werden können. Doch bislang hatten sie mit ihren Bemühungen wenig Erfolg.

Brennendes Windrad nicht löschbar

Im Fachausschuss legte der Kreisfeuerwehrverband damals dar, dass die Feuerwehr im Umgang mit verbauten Materialien durchaus geschult ist. Doch Löschen könnten die Wehren ein brennendes Windrad mit ihrem verfügbaren Gerät nicht. Zumindest würden die betreffenden Stoffe erfahrungsgemäß schnell in der Luft verfliegen und der Schaden könnte mit genügend Abstand gering gehalten werden. Aus der Kreisverwaltung kam unter anderem der Hinweis, dass entsprechende Materialen wegen ihrer Beschaffenheit häufig auch in Booten verbaut seien. Und Bootsschuppen würden in der Seenplatte viel häufiger brennen.

Die lösche man laut Schumacher aber zumindest zeitig. „Niemand würde auf die Idee kommen, da einfach nur zuzuschauen.“ Der Freier-Horizont-Vertreter erwägt mittlerweile einen neuen Versuch, an den Kreistag heranzutreten. „Ich frage mich weiterhin, warum nicht mal in Betracht gezogen wird, Alternativen zum stundenlangen Abbrennen-Lassen zu finden, gerade in Anbetracht dessen, dass mittlerweile immer mehr Hubschrauber zur Waldbrandbekämpfung, aber auch zur Enteisung und Wartung von Windkraftanlagen eingesetzt werden.“

Und tatsächlich: Erst vor wenigen Tagen übte der Katastrophenschutz des Landkreises in Peetsch bei Mirow Einsätze mit einem Bundeswehrhubschrauber. Dort verteilte man aus der Luft Unmengen Wasser – und das nur zur Übung. Für Schumacher müssen zudem Betreiber stärker in die Pflicht genommen werden. „Einer hochsubventionierten Branche, dazu noch derzeit bekanntlich mit ‚Übergewinnen‘ gesegnet, wären ein paar Auflagen in Sachen Emissionsvermeidung doch wohl durchaus zumutbar.“

Beitreiber: Windrad-Brände äußert selten

Laut den Windrad-Herstellern und Betreibern von Nordex aus Norddeutschland und Enertrag aus Brandenburg sind Brände in den Anlagen äußerst selten. Dennoch können sie vorkommen. „Wie bei anderen technischen Anlagen auch, kann man das Risiko von Bränden oder ähnlichen Zwischenfällen natürlich mit Überprüfungen minimieren, aber nicht gänzlich ausschließen“, so Enertrag-Sprecher Matthias Philippi. Auslöser können technische Defekte wie Kurzschlüsse, Bauteilversagen und – wenn auch recht unwahrscheinlich – Stürme oder Blitze sein. Dennoch gehörten Windenergieanlagen laut Philippi zu den sichersten technischen Bauwerken.

„Die Windkraftanlagen sind grundsätzlich so konstruiert, dass Brände möglichst verhindert werden“, betont auch Nordex-Sprecher Felix Losada. Die Anlagen seien an Brandschutzrichtlinien gebunden und zertifiziert. Philippi vergleicht die sich regelmäßig wiederholenden Verfahren mit einer Hauptuntersuchung beim Auto. „Ohne diese Prüfungen kann und darf keine Windenergieanlage betrieben werden und die jeweilige zuständige Baubehörde würde den Betrieb umgehend untersagen.“

Mindestens einmal im Jahr werden Anlagen gewartet. Da die Zuverlässigkeit der Anlagen auch im Interesse der Betreiber liege, werde nach Philippis Angaben oft in kürzerem Intervallen geprüft.“

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Viele Anlagen bereits mit Feuerlöschsystemen

Der Großteil der Nordex-Windkraftanlagen in Deutschland sei inzwischen mit einem Brandmelde- und Feuerlöschsystem ausgestattet – entweder, weil sich Betreiber freiwillig dafür entscheiden oder es von Behörden wegen den Gegebenheiten vor Ort vorgeschrieben wird. Beim System von Nordex erstickt Stickstoff den Brandherd. Künftig soll auch Aerosoltechnik genutzt werden.

„Jeder Brandfall einer Windenergieanlage wird genaustens durch Inspektoren untersucht und die Ursachen des etwaigen technischen Versagens werden im Anschluss durch die Entwicklungsingenieure des Anlagenherstellers analysiert“, verspricht Philippi. Erkenntnisse berücksichtige man bei der Entwicklung der nächsten Anlagengeneration, um Fehlermöglichkeit zu minimieren. „So werden neue Anlagen immer robuster gegen (Feuer-)Schäden.“