Teterower See
Der Burgwall und die Sehnsucht nach der guten, alten Zeit
Teterow / Lesedauer: 5 min

Thomas Koch
Ja, das waren noch Zeiten. Fast 50 Jahre ist es her, irgendwann Mitte der 1970er Jahre. Da hat Klaus Dobler das letzte Mal am Anleger der Fähre gestanden, die Urlauber und Einheimische auf die Teterower Burgwallinsel übersetzt. „Zehn Pfennig habe ich damals für eine Überfahrt bezahlt. Und es war uns ein Vergnügen, den Fährmann bei seiner Arbeit zu unterstützen. Es musste nämlich noch kräftig gekurbelt werden, um von einer Seite auf die andere zu kommen“, erinnert er sich. Dass man mitunter auch nicht gleich einen Platz auf dem Übersetzer bekam und auf die nächste Fahrt warten musste, war nicht ungewöhnlich. Der Burgwall in Teterow – er war bekannt weit über die Stadtgrenzen hinaus und ein beliebtes Ausflugsziel.
Von ihrem Charme hat die Insel bis heute nichts eingebüßt. Dass der Fährmann aber ins Schwitzen kommt wie damals, das ist schon lange nicht mehr so. Und es liegt nicht nur daran, dass die Fähre längst mit Motorkraft betrieben wird. In der Besuchergunst stehen Insel und Ausflugsgaststätte „Wendenkrug“ schon lange nicht mehr so weit oben, wie es einmal war.
Letzte Überfahrt um 18 Uhr
An diesem Mittwochnachmittag scheint es zumindest ein bisschen so zu sein wie früher. Der Burgwallparkplatz unweit der Bootshausanlage ist gut gefüllt. Die Pkw stehen dicht an dicht. Touristen sind es vor allem, die hier ihre Autos abgestellt haben, wie Potsdamer, Leipziger oder auch Hamburger Kennzeichen verraten. 600 Meter Fußmarsch, dann ist mit der Fähre das erste Zwischenziel erreicht. Was für ein Glück. Der Übersetzer macht gerade fest. „Das wären dann für zwei Personen drei Euro“, sagt Fährmann Wladimir und vergisst nicht zu erwähnen, dass man sich nicht allzu viel Zeit auf der Insel lassen sollte. Um 18 Uhr schließt die Gaststätte und dann setze er zum letzten Mal über.
Jetzt steht schon mal fest: Für ein gemütliches Abendbrot und den Sonnenuntergang auf der Insel wird die Zeit also nicht reichen. Egal, weiter geht’s. Schließlich hat der Burgwall ja noch mehr zu bieten als eine Gastronomie, in der schon um 18 Uhr die Küche kalt ist. Bei aller Urwüchsigkeit, der Weg zum Wendenkrug macht einen sehr gepflegten Eindruck. Wer auf dem knapp 800 Meter langen Weg eine Verschnaufpause einlegen will, dem bieten sich genügend Möglichkeiten. In gutem Abstand stehen gleich drei Sitzbänke am Wegesrand. Gerade ältere Besucher wird’s freuen.
Neue Tretbootflotte kommt super an
Beim Blick hinüber auf den See bietet sich ein farbenfreudiges Bild. Eine Armada aus Tretbooten scheint sich hier gerade ein Rennen zu liefern. Flankiert werden sie von zwei Standup-Paddlern, die durch den Übereifer der Tretbootfahrer aufpassen müssen, dass sie die Welle nicht von den Brettern spült. Die neue Tretbootflotte ist in diesem Jahr erst angeschafft worden. Dreizehn sind es an der Zahl, sagt Rene Koschinski, der sich hier um den Verleih kümmert. An guten Tagen sind die Wassergefährte rund um die Uhr verliehen. Wenns regnet, dann stehe man sich hier aber schon mal die Füße in den Bauch. Auch bei Koschinski gilt die Regel: Um spätestens 17.30 Uhr müssen die Boote wieder vor Anker gehen, denn auch die jungen Tretbootpiloten müssen die letzte Fähre schaffen.
Mittlerweile zeigt die Uhr 17.15 Uhr. Die Zeit reicht noch für ein kleines Bier auf der Terrasse des „Wendenkruges“. Gaststätte, Bootsverleih und Fähre werden seit einigen Jahren von der Teterower Event- und Veranstaltungsagentur (EVA) betrieben. Mit durchwachsenem Erfolg. So richtig in Gang gekommen ist die Gastronomie hier in den vergangenen Jahren nicht. Dennoch bemüht sich die Agentur, auf der Insel immer wieder neue Akzente zu setzen – wie mit der Investition in die Tretbootflotte.
Längere Öffnung nicht drin
Der „Wendenkrug“ hat es seit Jahren schwer. Immer wieder sind es Personalprobleme, die den Betreibern zu schaffen machen. Die Corona-Krise hat das Ganze nur noch schlimmer gemacht. Und das erklärt auch die außergewöhnlichen Öffnungszeiten. Ab 18 Uhr geht hier nichts mehr. Selbst von Freitag bis Sonntag hat die Gaststätte mittlerweile nicht länger auf. Gerade Touristen sei das mitunter schwer zu vermitteln, bedauert die freundliche Bedienung, die sich auch wünschen würde, endlich wieder Verstärkung zu bekommen, um länger für die Gäste da zu sein.
Ein langes Gespräch mit ihr ist nicht mehr möglich. Die Zeit drückt. Zwölf Minuten noch, dann ist es 18 Uhr. In leichtem Laufschritt ist die Fähre noch pünktlich erreicht. Fährmann Wladimir schaut schon ein wenig ungeduldig. Ablegen kann er nicht, denn noch sind drei weitere Gäste auf der Insel und das Personal muss schließlich auch auf die andere Seite. Zwanzig Minuten später ist es dann soweit. Alle Mann an Deck, die letzte Überfahrt des Tages beginnt. Punkt 18.30 Uhr ist endgültig Feierabend, nichts geht mehr auf dem Burgwall.
Was bleibt, sind dennoch jede Menge schöne Eindrücke von einer nach wie vor traumhaft schönen Insel und der Wunsch, dass es vielleicht doch irgendwann mal wieder so ist wie früher.