Die härtesten Radstrecken in der Mecklenburgischen Schweiz
Teterow / Lesedauer: 5 min

Thomas Koch
Man leidet regelrecht mit. Seit drei Wochen flimmern die Bilder Tag für Tag über die TV-Bildschirme. Schweißgebadete Männer, die ihre letzten Kräfte investieren, um endlos lange Gebirgspässe mit ihren Rädern hoch zu kraxeln. Die Tour de France – das größte und härteste Radrennen der Welt – verlangt den Helden der Landstraße alles ab. Nach mehr als 3000 Kilometern quer durch Frankreich erreichen sie ihr Ziel: den Eiffelturm und die Champs Élysées in Paris.
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Rad fahren, das ist auch in diesen Wochen ein großes Thema in der Region. Viele Urlauber sind in der Mecklenburgischen Schweiz unterwegs, um dieses schöne Fleckchen Erde auf zwei Rädern zu erkunden. Und immer wieder machen sie dabei die Erfahrung: So flach, wie sie es erwartet hatten, ist es im Norden gar nicht. Der Beiname „Schweiz“ kommt schließlich nicht von ungefähr. Nun gibt es hierzulande sicher keine Gebirgsstraßen wie in den Alpen, aber schon den einen oder anderen „knackigen“ Anstieg, der die Herzfrequenz nach oben und das Laktat in die Beine treibt.
Wo sich Radler ihr ganz persönliches Bergtrikot verdienen können, welche Anstiege es hier besonders in sich haben, das hat in den vergangenen Tagen Nordkurier-Reporter Thomas Koch getestet und seine ganz persönliche Rangliste der drei härtesten Prüfungen aufgestellt.
Platz 3: Panstorfer Berg
Der Panstorfer Berg beginnt quasi schon direkt am Ortsausgang Teterow Richtung Malchin in Höhe des Möbelmarktes. Die ersten dreihundert Meter lassen sich gut dafür nutzen, um die Beine noch einmal locker zu machen. Der Blick nach vorn verrät aber: Gleich geht es hier richtig zur Sache. Eine Rampe mit einer Steigung von 4 Prozent führt an der Abfahrt zum Schlachthof vorbei und schließlich in den Teterower Ortsteil Niendorf. Durchatmen.
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Übermäßigen Grund zur Freude gibt es aber noch nicht. Denn kaum hat man das Niendorfer Ortsausgangsschild hinter sich gelassen, ist schon die nächste Kuppe in Sicht. Nach einer kleinen Abfahrt beginnt der Anstieg. Währendlinker Hand die Autos auf der Bundesstraße an einem vorbei rauschen, nimmt die eigene Geschwindigkeit kontinuierlich ab. Drei Prozent Steigung verrät der Fahrradcomputer. Und die ziehen sich hinein bis nach Neu Panstorf. Nach genau vier Kilometern und 67 Höhenmetern ist es schließlich geschafft, das Dorf, das dem Berg seinen Namen gab, ist erreicht.
Platz 2: Aufstieg nach Gülitz
Abseits der großen Straßen liegt ein Anstieg, der nur halb so lang ist wie der Panstorfer Berg. Und dennoch ist er für den Hobby-Radler deutlich schwerer zu „knacken“. Gemeint ist die kleine Straße, die von Gorschendorf nach Gülitz führt. Bei ihrer Fahrt um den Kummerower See fahren Ortsunkundige hier in aller Regel vorbei. Doch wer seine Grenzen austesten will, der sollte diesen Abstecher unbedingt machen.
Was diesen Berg so reizvoll macht, ist die kleine, verträumte Straße, die einen fast schon an einen Gebirgspass in den Pyrenäen erinnert. Was fehlt, sind natürlich die enthusiastischen Fans am Straßenrand, die einen mit ihren Anfeuerungsrufen den Berg hinauf jubeln. Motivieren muss man sich hier selbst.
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Bergauf geht es vom ersten Meter an. Erst verhalten, doch nach dem ehemaligen Bahnübergang schlängelt sich die Straße mit einer Steigung von bis zu acht Prozent nach oben. Wenn es die Kraft und Konzentration erlaubt, lohnt sich unbedingt ein Blick nach rechts und links. Die runden Hügel erinnern fast schon an das Auenland aus dem legendären Film „Der Herr der Ringe“.
Die Zauberkraft des Rings würde man sich hier mitunter wünschen, so sehr treibt einen der Berg ans Limit. Das Schlimmste hat man nach 1,3 Kilometern geschafft. Die Straße flacht deutlich ab, noch zwei kleine Wellen, dann ist der Ortseingang von Gülitz nach 63 Höhenmetern erreicht.
Platz 1: Die Rampen von Retzow
Der „Königsanstieg“ der Mecklenburgischen Schweiz führt abseits der Bundesstraße 104 von Remplin in das „Bergdorf“ Retzow. Allein der Name lässt schon Strapaze erahnen. Und das ist die 3,1 Kilometer lange Strecke auch. Die Beinmuskeln sind hier vom ersten Moment an gefordert. Nicht nur, weil die Straße gleich hinter der Bahnunterführung bis zu acht Prozent ansteigt.
Was den Weg noch beschwerlicher macht, ist der Zustand des Straßenbelages. Risse in der Fahrbahn, Schotter an den Seiten – da sollte man schon genau hinschauen, wohin man sein Fahrrad steuert. Nach 2,3 Kilometern, einem Puls von 150 und reichlich Schweiß auf der Stirn sind zwei Drittel des Anstiegs geschafft. Aber Vorsicht: Das dicke Ende kommt noch.
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Einen Kilometer vor Retzow türmen sich gleich zwei heftige Rampen aneinander. Untrainierte resignieren hier in aller Regel und steigen ab. So steil wie kaum anderswo in der Mecklenburgischen Schweiz führen die beiden „Wände“ mit einer Länge von 400 Metern und einer Steigung von zehn Prozent nach Retzow hinein. Nach einer Strecke von 3,1 Kilometern und 83 Höhenmetern ist es geschafft und der wohl härteste Anstieg in der Region bezwungen.
Sich jetzt zumindest wie ein kleiner „Bergkönig“ der Mecklenburgischen Schweiz zu fühlen, das hat man sich nach diesem Aufstieg redlich verdient. Und einen kräftigen Schluck aus der Trinkflasche.