Gut

Eine Liebesgeschichte aus Pohnstorf

Pohnstorf / Lesedauer: 3 min

Wahrscheinlich waren es die Schilfkolben hinterm Haus, die Kamila Sösemann an Polen erinnerten. Sicher aber war es Liebe auf den ersten Blick, als die junge Berliner Familie das Gutshaus Pohnstorf erstmals sah. Dafür kündigte die Frau sogar ihren lukrativen Job – um nun ganz neu anzufangen.
Veröffentlicht:09.05.2018, 16:39
Aktualisiert:06.01.2022, 12:44

Von:
  • Author ImageSilke Voß
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Pohnstorf. „Liebling, woran denkst Du gerade?“ Bei Kamila und Fabian Sösemann sollte die Antwort auf diese oft unter Paaren beiläufig gestellte Frage eine wichtige, folgenreiche Bedeutung haben. Wenn sie sich im letzten Winter öfter gedankenversunken in ihrer Berliner Wohnung ertappten, wussten beide darum, dass sie gleichzeitig dasselbe dachten: an dieses schöne Gutshaus in der Mecklenburger Schweiz. Im November hatten sie es zum ersten Mal gesehen. Es war Liebe auf den ersten Blick, den auch der graue Nebel nicht hatte trüben können. Wie den Beginn einer Liebesgeschichte beschreibt Kamila Sösemann diese erste Begegnung mit Pohnstorf.

Sie erzählt dies, umschmeichelt von der mecklenburgischen Frühlingssonne, bereits in ihrem großzügigen neuen Zuhause – in Pohnstorf. Das Licht flutet die hohen Fenster, fließt durch die Flügeltüren und ergießt sich über dem kunstvoll gelegten Dielenboden. Vogelgezwitscher dringt herein. Kurz: Das Haus in der Mecklenburger Schweiz zeigt sich jetzt von einer noch schöneren Seite und entflammt seine frisch verliebten Hüter immer wieder aufs Neue. „Es war alles ganz schnell gegangen“, erzählt Kamila Sösemann weiter. Kollegen ihres Mannes hatten vom unglaublichen Flair in einem Gutshaus geschwärmt, irgendwo rund zwei Stunden nordöstlich von Berlin, Rensow genannt. Also fuhr das Paar selbst dorthin. Am mittwöchlichen Tafelmahl in der barocken Gutsküche kamen sie mit Mi Spirandelli ins Gespräch. Die Besitzerin des Gutshauses Pohnstorf hatte von ihrem gerade gefassten Entschluss loszulassen erzählt. „Schaut es Euch doch einfach mal an!“, so die spontane Idee.

Das geschah gleich am nächsten Tag, auf der Rückreise blieben noch ein paar Stunden Zeit. „Wir waren ganz entzückt von diesem Ort, trotz des grauen Novembers. Diese Weite! Aber wir hatten nie daran gedacht, etwas Eigenes zu bewohnen, schon gar nicht so ein großes Haus!“, beteuert Kamila Sösemann. Außerdem standen beide fest im Leben. Und doch war es um sie geschehen. Der Funke war vermutlich ganz übergesprungen angesichts eines sinnlichen Details: der Schilfkolben am Wasser. Die hatten die gebürtige Polin an ihre Kindheit in Kaschubien erinnert.

Haus soll weiter touristisch genutzt werden

Die Bank gab das Okay, zum April erfolgte der Besitzerübergang. Kamila Sösemann weiß noch nicht recht, wohin die Reise geht, aber: „Es fühlt sich irgendwie gut an!“ Mit aller Konsequenz hat das Paar „Ja“ zu Pohnstorf gesagt und will dem Leben in der „vollen, teuren, engen Großstadt“ ganz Ade sagen. Kamila Sösemann hat dafür sogar ihren Job als politisch-kommunikative Leiterin vom Hauptstadtbüro des Verbands der Deutschen Holzindustrie gekündigt.

Ihre Netzwerker-Fähigkeiten – zeitweise arbeitete sie auch im Bundestag – kann die junge Frau hier gut nutzen, um sich ganz der touristischen Führung des Hauses zu widmen. Weiterhin werden die schönen Gutswohnungen an Gäste vermietet, im Souterrain hält sie zusätzlich Wellness für denkbar und im Salon ein Frühstücksangebot – natürlich mit regionalen Produkten. Mit Schafskäse aus Vietschow, Gemüse aus dem Gutsgarten. Durch die quirligen, kontaktfreudigen Kinder Olivia und Emil haben „die Neuen“ schnell herausgefunden, wo es gute Eier im Dorf gibt, und heute bäckt ein Pohnstorfer Hühnchen im Ofen. Haustiere gehören künftig auch dazu, ein Hund, Pferde vielleicht.

„Werdet ihr jetzt Aussteiger?“, haben Berliner Freunde halb belustigt, halb besorgt gefragt. Keine Sorge hat da Kamila Sösemann. „Die werden schon bald alle kommen und auch den Luxus Landleben zu schätzen wissen.“ Ein Leben nach dem Motto: „Es geht nicht ums Haben, sondern ums Sein.“

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