StartseiteRegionalMecklenburgische SchweizEx-Teterower für Mord mit Bohrmaschine verurteilt

Gerichts-Prozess

Ex-Teterower für Mord mit Bohrmaschine verurteilt

Teterow / Lesedauer: 3 min

Ein Mann, der bis vor Kurzem noch in der Mecklenburgischen Schweiz lebte, stand jetzt wegen eines besonders grausamen Verbrechens in Lüneburg vor Gericht. Die Mordverhandlung offenbarte unfassbare Details.
Veröffentlicht:13.06.2019, 18:14

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Robert S., 33 Jahre alt und bei der Bundeswehr ausgebildeter Gebirgsjäger, war erst Anfang Dezember von der Mecklenburgischen Schweiz ins niedersächsische Lüneburg gezogen, arbeitete hier als Kellner in einer Bar. Nun stand der ehemalige Teterower in Lüneburg vor dem Landgericht wegen eines besonders grausamen Verbrechens, das Experten als einzigartig in der bundesdeutschen Kriminalgeschichte ansehen.

Was war geschehen? Am Silvesterabend hatte der 33-Jährige in Lüneburg in einer Bar den 25 Jahre alten Anton W. kennengelernt. Beide Männer tranken Cocktails und schwadronierten über ihr Leben. Kurz vor dem Jahreswechsel entschloss sich der Teterower die Bekanntschaft mit in die gemeinsame Wohnung seiner Freundin zu nehmen, um ihm dort einen versprochenen Joint zu überreichen. Die Männer verließen das Lokal und wollten gleich wieder zurückkehren.

Frustration über Lebensumstände

„Wir glauben, dass sich die Stimmung des Angeklagten änderte“, sagte der Vorsitzende Richter Franz Kompisch bei der Mordverhandlung der 4. Großen Strafkammer und schilderte dann die folgenden Minuten. Der Kellner habe „aus Frustration über seine Lebensumstände“ zum Messer gegriffen und Anton  W., der ihm den Rücken zuwandte, attackiert – mit zehn Stichen. Es habe sich ein Kampf auf Leben und Tod in dem kleinen Hinterhofappartement entwickelt. Als das Opfer schon kampfunfähig am Boden lag, habe Robert S. zu einer Bohrmaschine gegriffen und damit dem 25-Jährigen in das linke Auge gestochen. Der Mann starb an den schweren Verletzungen.

Robert  S. packte ein paar Sachen zusammen und tauchte bei seiner Freundin auf. Die 20 Jahre alte Lehramtsstudentin arbeitete gerade in einem Lokal. Sie forderte ihren Freund auf, sich bei der Polizei zu stellen. Der 33-Jährige wählte daraufhin den Notruf. Die emotionslose Schilderung des Gesprächs, von dem die Zuhörer im Lüneburger Gerichtsviertel ein paar Sätze mithören konnten, ging unter die Haut. „In der Wohnung meiner Freundin ist jemand gestorben. Ich habe mich gewehrt und jetzt ist der tot. Er atmet nicht mehr.“

Gericht glaubt nicht an Notwehr-Situation

Viel Zeit nahm sich der Vorsitzende Richter, um die Einlassung des Angeklagten zu analysieren, beschrieb den jungen Mann als „Herr seiner Sinne, der ruhig und klar handelte“. Die aufgetischte Version der Notwehr zerriss die Kammer. „Sie gaben uns eine Erklärung, eine Rechtfertigung Ihrerseits. Das war keine Auseinandersetzung mit der Tat“, befand Richter Kompisch.

Als Gebirgsjäger beherrscht der Vater eines 12-jährigen Sohnes verschiedene Kampftechniken im Schlaf. Er hätte Angreifer jederzeit ohne größere Verletzungen ausschalten können. Für das Gericht ein weiteres Indiz dafür, dass die Schilderung der Notwehr nicht stimmen kann.

Ein Polizeibeamter und Freund des Opfers beschrieb den Getöteten als alles andere als gewalttätig. Er sei herzensgut, loyal und zu allen freundlich gewesen. Psychiater Dr. Frank Wegner hatte den Beschuldigten viermal im Gefängnis untersucht, er fand keine Diagnose und band auch ein internationales Ärzteteam mit ein. Auch diese Experten fanden nichts. „Es ist von einer vollen Schuldfähigkeit auszugehen“, sagte Wegner dem Lüneburger Schwurgericht.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Die Freundin des Angeklagten erzählte in der Hauptverhandlung, dass ihr Partner sehr viel Alkohol konsumiert habe und schnell in eine aggressive Stimmung verfallen sei. Kurz vor Weihnachten habe er sich im Lüneburger Ausgehviertel mit einem anderen Gast prügeln wollen – einfach so. Die Aussage der zierlichen Frau, die sich nach der Tat von dem Partner getrennt hatte, ebnete dem Schwurgericht den Weg zur Verurteilung. Staatsanwalt Konstantin Paus zog in seinem Plädoyer dagegen eine komplett andere rechtliche Bewertung der Tragödie. Es sei von einem minder schweren Fall des Totschlags auszugehen. „Wir müssen davon ausgehen, dass Anton W. ein Messer in der Hand hielt“, beantragte Paus eine siebenjährige Haftstrafe.

Die Strafkammer sah es anders und verurteilte Robert  S. wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.