Religion
Hallelujah aus dem Internet – Peter Hahne und andere predigen in MV digital
Bristow / Lesedauer: 3 min

Silke Voß
Als die Menschen des Mittelalters ihr Wunderwerk Kloster Mont–Saint–Michel mitten in das Wattenmeer vor der französischen Küste setzen, bauten sie es so, dass Gottes von den Mönchen gesungene Wort sich auf Lichtstrahlen hinaus in die Welt hinaus tragen ließ. Im atheistischen Zeitalter scheinen solche natürlichen medialen Effekte niemanden mehr vom Hocker zu reißen. Heutige Kirchenbänke bleiben jedenfalls außer zu Weihnachten und Ostern meist leer.
Kirche hat einzigen Internetanschluss
Und so bedient sich die Kirche mehr und mehr des weltweiten Netzes, um Ohren und Herzen einzufangen — Breitbandversorgung vorausgesetzt. Um diese ist es hierzulande vielerorts noch bestellt wie im Mittelalter. Im kleinen Polchow bei Gnoien aber ist es kurioserweise andersherum: Dort wurden vor kurzem zwar Leitungen verlegt, wie der dort ansässige Schriftsteller Torsten Schulz beobachtet hat. An die Breitbandversorgung angeschlossen ist aber nur ein einziges Haus im Dorf: Die Kirche. Und in die gehe dort aber keiner.
Ganz anders sieht letzteres in Bülow am Malchiner See aus. Der dortige, mittlerweile pensionierte Pastor Johannes Holmer geht geschickt nicht nur mit den Engeln, sondern auch mit ganz zeitgemäßen elektronischen Flugwesen um — den Drohnen. Die dann schöne Luftaufnahmen knipsen. Damit zeigen sich die hübsch aufgemachten Gottesdienste dieser evangelischen Kirchgemeinde in der Mecklenburgischen Schweiz virtuell am heimischen Bildschirm oder auf dem Handy und wirken noch lange nach — es gibt sogar einen eigenen YouTube–Kanal.
Peter Hahne zu Gast
Nicht nur Johannes Holmers Worte sind dann zu hören, sondern auch die prominenter Gastprediger. Neben dem Schweizer Theologen Stefan Felber war mehrfach und auch jüngst wieder einmal Peter Hahne in der zur Gemeinde gehörigen „RenaissanceKirche“ Bristow. Dann sind die Kirchenbänke voll besetzt. Denn der erzkonservative Ex–TV–Moderator weiß äußerst gestenreich im Schweiße seines 70jährigen Angesichts zu formulieren, was viele hören wollen.
Und siehe da — auch in seiner aktuellen, eifrigen Predigt „Der gute Hirte, falsche Führer — wem können wir noch vertrauen?“ griff er nach Worten, die derzeit in der gesellschaftlich aufgeheizten Luft liegen, um sie plump in einem Topf zu einer Soße aufzukochen, in der populistische Plattitüden und pauschale Regierungskritik sich mit passend gemachten Bibelworten verbinden.
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Dass sich auch ohne Tamtam und Internet, aber mit viel überlegtem Inhalt eine treue kirchliche Fangemeinde aufbauen lässt, beweist etwa Pastorin Gesine Wichert aus Wattmannshagen bei Teterow: Die weltliterarisch Belesene baut in ihre Predigten schon mal Zitate von Literaturnobelpreisträgern wie Herta Müller ein, die zu hören junge Leute kilometerweit in die Kirche radeln. Und zwar jeden Sonntag.
Exil–Teterower sind online dabei
Online–Gottesdienste bietet auch St. Peter und Paul in Teterow an. Ein Relikt aus der Corona–Zeit, als sich die Katholiken, die Baptisten und die Freien Christen gemeinsam fragten, wie sie trotz des Gottesdienstverbots bei ihren Gemeindemitgliedern sein können.
„Wir haben eine ökumenische Antwort auf diese Frage gefunden und damals auch einen Nerv getroffen. Über tausend Klicks bekamen wir in den ersten Monaten der Pandemie“, erinnert sich Pastor Alexander Lemke. Das Angebot der „Kirchen in Teterow“ wurde bundesweit angenommen, natürlich zuallererst auch von Exil–Teterowern. Es gab Rückmeldungen aus ganz Deutschland, erzählt er.
Trotzdem nun die Gottesdienste wieder in Präsenz stattfinden, stellen die Teterower Kirchen einmal in der Woche eine kurze Audioandacht ins Internet. Die Gottesdienste werden auch für Menschen bereitgestellt, die gar kein Internet haben. Man ruft einfach eine Telefonnummer mit der Ortsvorwahl Teterow an (03996/ 188 9999) – und feiert Gottesdienst.