Neue Strukturen
Mangel an Pastoren zwingt Kirchgemeinden zu Fusionen
Neukalen/Gnoien / Lesedauer: 3 min

Torsten Bengelsdorf
Von einem Jahrhundert–Ereignis war schnell die Rede, als am Dienstagabend der Neukalener Ortsteil Schorrentin seine neuen Kirchenglocken in Empfang nahm. Dass ein neues Geläut in einem Gotteshaus Einzug hält, kommt eben nicht allzu häufig vor. Schorrentin hatte zuletzt vor 66 Jahren Eisenglocken als Ersatz für die im Krieg eingeschmolzenen bekommen. Jetzt sind sie aus Bronze, aber auch nicht mehr neu.
Alle vier Wochen Gottesdienst
Die evangelische Kirchgemeinde Neukalen hat die drei gut erhaltenen Glocken aus einer aufgegebenen Kirche im nordrhein-westfälischen Hamm erhalten – kostenlos. Um- und Einbau würden dennoch etwa 30 000 Euro kosten, sagte Kirchgemeinderatsmitglied Marc Reinhardt. Alle vier Wochen wird ein Gottesdienst in der Schorrentiner Kirche gefeiert, die auch immer noch als Nachtquartier für Radwanderer ausgewiesen und mit Küche und Sanitäranlagen eingerichtet ist. Allerdings wird dieses Angebot nur sehr selten von Radtouristen angenommen.
Glocken geben Gefühl der Geborgenheit
Begleitet wurde die Glockenfahrt am Dienstagabend vom Dorfeingang zum Gutshaus und dann bis zur Kirche von vielen Schorrentinern. Und von einem Pastor, den man bisher eher selten in der Neukalener Kirchgemeinde gesehen hat: Alexander Uhlig aus Dargun. „Warum sind uns die Glocken so wichtig?“, fragte Uhlig in einer Andacht an der Kirche. „Vielleicht geben sie uns ein Gefühl der Geborgenheit.“ Vielleicht vermittele ihr Klang aber auch ein Gerufenwerden: „Wir werden immer aufs Neue von Gott gerufen.“

Pastor Uhlig wird die Neukalener und Schorrentiner ab dem nächsten Jahr noch viel öfter besuchen. Die Kirchgemeinde hat nämlich mit den Nachbarn in Dargun eine enge Zusammenarbeit vereinbart. So eng, dass sich beide Kirchgemeinden ab dem nächsten Jahr auch einen Pastor teilen werden und vielleicht sogar zu einer Gemeinde zusammenkommen.
Uhlig wird die Kirchgemeinde in Neukalen mit übernehmen, wie er und Marc Reinhardt am Dienstagabend bestätigten. „Ich freue mich darauf, bin aber auch ein bisschen in Sorge“, sagte Uhlig. In Sorge deshalb, weil er dann möglichst wenig weg sein wolle in Dargun und zugleich möglichst viel in Neukalen sein möchte.
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In der Peenestadt und ihren Ortsteilen ist nach den ständigen Wechseln der Pastoren in den vergangenen Jahren die Sehnsucht nach stabilen Verhältnissen groß. Gerade hat die Kirchgemeinde Pastor Armin Schmersow nach nur zwei Jahren und drei Monaten verabschiedet. Jens–Uwe Goeritz vom Pfarrsprengel Altkalen–Boddin hat vorübergehend die Vertretung übernommen. Doch auch in seiner Gemeinde stehen gravierende Veränderungen an. Die Kirchgemeinden Altkalen, Boddin und Gnoien–Wasdow haben sich gerade einstimmig für Fusionsverhandlungen ausgesprochen. In Basse soll darüber Ende des Monats entschieden werden.
Ein Pastor für zwei Gemeinden
„Angesichts einschneidender demographischer Entwicklungen und eines zunehmenden Mangels an Pastorinnen und Pastoren hält der Kirchgemeinderat es für notwendig und ratsam, schnellstmöglich Strukturen zu schaffen, die es sowohl den derzeit und künftigen Diensthabenden als auch den Gemeindemitgliedern weiter ermöglichen, das kirchliche Leben in dieser Region mit verlässlicher Perspektive auf eine für alle Beteiligten möglichst vorteilhafte Weise zu wahren und zu fördern“, heißt es dazu in den gleichlautenden Beschlüssen der Kirchgemeinden zur Aufnahme von Fusionsverhandlungen. Gemeinsamer Pastor in der neuen großen Kirchgemeinde rund um Gnoien wird dann aller Voraussicht nach Jens–Uwe Goeritz.