Geographie
Mittelpunkt von Mecklenburg-Vorpommern liegt unterm Mist
Prebberede / Lesedauer: 2 min

Silke Voß
Einen Kilometer nördlich von Neu Heinde, einen Kilometer südlich von Prebberede dampft auf einem Acker ein kolossaler Misthaufen vor sich hin. Sollte sie tatsächlich in dieser profanen Gestalt vor einem liegen, die „neue Mitte“ von Mecklenburg-Vorpommern?
Es scheint mehr als ein Gerücht zu sein, dass der neue Mittelpunkt unseres Bundeslandes hier statt in Teterow verortbar ist. Denn derjenige, der ihn neu errechnet hat, ist nicht irgendwer. Es war der Astronom Arnold Zenkert, Gründer des Potsdamer Planetariums, Verfasser eines Standardwerks über Sonnenuhren und Erfinder einer drehbaren Sternenkarte. Der inzwischen Verstorbene ermittelte im Jahr 2009 den neuen Mittelpunkt des Landes, indem er die äußersten Koordinaten durch zwei teilte und den Schnittpunkt ermittelte. 53° 54‘ 05“ in der Breite und 12° 29‘ 15“ in der Länge ergab das.
Oder doch das Barockschloss Prebberede?
Zenkerts Rechnung bekam jetzt wieder Wind durch den taufrischen Reiseführer „Seenland MV“. Die aufgefrischte Nachricht weckte bereits Begehrlichkeiten bei Laages neuem Bürgermeister Holger Anders, einem Neu Heinder. Und auch das Mecklenburger Parkland frohlockt schon.
Der exakte Punkt allerdings müsste noch mithilfe eines GPS-Gerätes bestimmt werden, empfahl Zenkert seinerzeit. Als repräsentativeren Mittelpunkt schlug er das Barockschloss Prebberede vor. Was Prebberedes Bürgermeister Frank Möller allerdings mit Skepsis betrachtet. „Das Schloss öffnet ja nicht mal zum Denkmaltag seine Pforten“, meint er, selbst nicht gern im Mittelpunkt stehend. Obwohl es ihn schon interessiere, ob sein abgelegenes Dorf doch des Landes Zentrum ist. Nur – wer soll die Messung bezahlen? Vielleicht ja die Flurneuordnung, der die Gemeinde derzeit unterzogen wird?
Land sieht das Ganze skeptisch
Das Innenministerium von MV indes nimmt solchen Ideen wieder den Wind aus den Segeln. Es findet den bisher durch das Land ermittelten Landesmittelpunkt attraktiver als den Acker und hält die Methode „aufgrund der unsymmetrischen Ausdehnung des Landes“ für fehlerbehaftet. Das Amt für Geoinformation habe seinerzeit zwei andere Verfahren angewendet. In der einen wurde das Land nach Karte als Modell gefertigt und dann über einer Nadel ins Gleichgewicht gebracht, um den Schwer- und damit Mittelpunkt zu finden.
In der anderen wurde die Landesfläche mit einem digitalen Raster in gleichgroße Quadrate geteilt. Über die Zentrumskoordinaten der Quadrate erhielt man die Landes-Mitte. Aber aufgrund von Ungenauigkeiten auch dieser Methoden favorisiert das Ministerium eine „Näherungslösung“ mit breiter Akzeptanz. „Die Bürger sollen sich mit dem Mittelpunkt ihres Landes identifizieren. Daher ist es vertretbar, ihn auf Teterows Markt festzulegen.“