Bunt und schrill

▶ Rock 'n' Roll-Bilder zum Durchtanzen

Remplin / Lesedauer: 4 min

In der Kunstkapelle Remplin stellt in diesem Sommer Wilfried Duwentester aus. Auf Leinwand hat er Musik gebracht, genauer gesagt Rock ’n’ Roll. Für ihn heißt das Ganze Hochgeschwindigkeits-Malerei.
Veröffentlicht:07.06.2021, 18:49
Aktualisiert:06.01.2022, 21:59

Von:
  • Author ImageKirsten Gehrke
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Eigentlich braucht es keine Anleitung. Wer vor Wilfried Duwentesters Bildern steht, sieht den Künstler vor dem Auge mit dem Pinsel tanzen. Doch dem Maler war es dennoch wichtig, den Vernissage-Besuchern eine Unterweisung an die Hand zu geben, wie sie seine Rock ’n’ Roll-Bilder betrachten sollten: dicht ran gehen und ans Bild stellen, sich aufs Bild einlassen. Dazu spielte er die passende Musik ab und schnell war alles drumherum vergessen. Bis Oktober ist Duwentesters Ausstellung „It’s only Rock ’n’ Roll – but I like it“ in der Kunstkapelle Remplin zu sehen. Sie könnte auch den Titel „Das hier ist Afrika“ tragen, meinte der Maler. Bunt, schrill, in Bewegung. Das sei ihm erst am Eröffnungstag aufgefallen, wie viel Afrika in seinen Werken steckt.

So schwingt auf drei Ebenen der Hüftschwung mit. Wie die etwa 50 Werke – in kleinen und großen Formaten – entstanden sind, das erzählte der 75-Jährige auf vergnügliche Weise und sprach davon, dass alle in die Kategorie Action-Bilder fallen. „Das ist Hochgeschwindigkeits-Malerei“, erklärte er und zeigte die Geste, mit der er den Pinsel in seiner Schaffensphase geschwungen hat. Jeder konnte sich vorstellen, wie er in seinem Atelier die Farbe im Rhythmus aufs Papier gebracht hat, wenn er laut Musik beim Malen hörte. „Ich hopse da rum, es guckt ja keiner“, verriet er. Der Prozess sei so bedeutend, wie das Bild, das am Ende herauskomme. „Eigentlich malen Künstler nur sich selbst, das geht gar nicht anders“, sagte er. Er müsse „Es“ machen lassen, nicht das „Ich“. „Es muss laufen und dann passieren die Bilder“, erklärte er. Man wisse nicht, wohin man wolle.

Mit Weiß und Blau habe es angefangen, irgendwann habe er dann Orange entdeckt. „Ich muss durch das Bild durchtanzen können und mich nicht mehr trauen, noch einen Strich zu machen“, beschrieb er, wann ein Bild fertig ist. Das dauert manchmal nur eine halbe Stunde, ein anderes Mal vielleicht drei Tage. Nass in Nass malt er den Rock ’n’ Roll, kreuz und quer gehe er mit der Farbe durch das auf einem Tisch gespannte Papierformat. „Ich will leuchtende Farben haben“, sagte er. Er sei Fan der afrikanischen Kunst, die sei wirklich Kunst im Sinne und habe ihn zum Abstrakten geführt.

Die Bilder in der Form noch nie gezeigt

Seit drei Jahren beschäftigt sich Duwentester mit der Rock ’n’ Roll-Malerei. Wie er sagte, sei das einmalig. Er habe noch von keinem anderen gehört, der Musik auf Leinwand bringt, ernsthaft so etwas schon gemalt hat. Für die Ausstellung in Remplin hat er das letzte halbe Jahr intensiv gearbeitet. Herausgekommen sei eine Form, in der er seine Bilder noch nie gezeigt hat. Der Besucher braucht nur die Kunstkapelle zu betreten, dann ist er schon verzaubert und weiß gar nicht, wo er zuerst mittanzen soll. Das Publikum auf der Vernissage feierte den Künstler. Veranstalter Peter Balsam nannte Duwentester einen der größten Künstler, den die Region hat. Dass der in seinem Kunst-Tempel ausstellt, sei eine Riesenfreude.

Mit dem Malen hatte der Görzhausener vor 50 Jahren begonnen, frisch verheiratet in der kleinen Wohnung. Bilder, eigentlich Farbe fehlten. „Damals habe ich mir gedacht, das kann ich doch selbst machen“, sagte er. Seinen Beruf als Architekt habe er für die Kunst aufgegeben, hat sich an Akten, Kaffeesatzbildern, Skulpturen ausprobiert. Aus letzterer Bildhauerei stehen in Remplin auch einige seiner Wächter-Figuren im Rock ’n’ Roll-Tanzsaal. Seit 1994 lebt der gebürtige Westfale in der Mecklenburgischen Schweiz.

Die Kunstkapelle Remplin ist in der Saison von Freitag bis Sonntag geöffnet, oder nach Bedarf.