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Krankheit

Spatzen-Sterben bei Teterow gibt Rätsel auf

Teterow / Lesedauer: 3 min

Sie wirken apathisch, sind aufgeplustert, fallen einfach vom Schlafplatz und sind tot. In einigen Dörfern werden gerade immer mehr verendete Haussperlinge entdeckt.
Veröffentlicht:25.01.2023, 18:21

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Das Tschilpen im Dorf verstummt mehr und mehr. Der Grund: Etliche tote Spatzen wurden in Carlshof bei Teterow gefunden. Von einst etwa 50 bis 70 Tieren im Ort seien vielleicht noch fünf übrig, schätzt Paul Blei. Der Landschaftsökologe und Vorsitzende des Naturpark-Fördervereins Mecklenburgische Schweiz und Kummerower See weiß, wovon er spricht. Jährlich macht er eine Brutvogelzählung. „Ich weiß im Dorf ziemlich genau, was los ist“, sagt er.

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Dass mit den Haussperlingen etwas nicht stimmt, war ihm vor etwa drei Wochen aufgefallen. Viele Vögel wirkten apathisch, schildert er. „Man konnte sie anstupsen, sie flogen auch mal drei Meter, um dann wieder zu verharren.“ Inzwischen spitzte sich die Lage zu. An vielen Häusern lagen entlang der Fassaden Kadaver. Manchmal wurden auch direkt auf Dachböden tote Spatzen gefunden. Aufgeplustert, mit geschlossenen Augen seien sie einfach vom Schlafplatz gefallen. Dass es sich um eine lokale Vergiftungsursache handelt, könne ausgeschlossen werden, so Paul Blei. Denn das Gleiche passiere in Schorssow und auch aus Hohen Demzin hat er bereits Meldungen über tote Spatzen bekommen.

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Kontakt zum Leibniz-Institut

Was das massenhafte Sterben verursachen könnte, dazu gibt es jetzt erste Untersuchungen. Der Vorsitzende des Naturpark-Fördervereins hat Kontakt zum Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin aufgenommen. Von dort wurden am zurückliegenden Wochenende erst einmal sechs tote Spatzen aus Carlshof geholt. Entdeckt wurden bei den Untersuchungen kleine Trichomonaden-induzierte Entzündungsherde. Im Kropf waren gelbliche flache Knoten zu sehen, die auf diesen Krankheitserreger zurückzuführen sein können, heißt es. Ein infektiöses Massensterben von Wildvögeln war erstmals im Sommer 2009 in vielen Teilen Deutschlands beobachtet worden. Betroffen waren damals vor allem Grünfinken. Ob aber wirklich dieser Erreger Schuld am derzeitigen Spatzen-Sterben in der Region ist, dahinter steht noch ein dickes Fragezeichen. Im Leibniz-Institut vermutet man eher noch eine bakteriologische Ursache. Um mehr sagen zu können, müssten jedoch dringend mehr Tiere untersucht werden. Das Problem: Für die Untersuchung wird „frisches Gewebe“ gebraucht, heißt, es müssen dafür gerade verstorbene Tiere geborgen und am besten sofort eingefroren werden.

Bitte um Meldungen

Wer in der Region beobachtet, dass Haussperlinge apathisch wirken bzw. tote Vögel entdeckt, möge sich beim Vorsitzenden des Naturpark-Fördervereins melden, telefonisch unter der Rufnummer 03996 1571814. „Wir sammeln vorerst bis zum 15. Februar“, sagt Paul Blei. Ob ein Vogel für eine Obduktion geeignet sei, könne man schon im Vorfeld am Zustand der Augenhöhlen erkennen. Sind diese eingefallen bzw. wirken sehr groß, sei der Vogel schon zu lange tot, erklärt er.

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Es steht auch die Frage, ob sich das Spatzen-Sterben noch weiter ausbreitet. Im Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung kam am Mittwoch ein Anruf an, dass auch in der Mitte von Brandenburg, in Liebenwalde, ähnliche Beobachtungen von Sperlingen gemacht werden. Indes rät der NABU angesichts der zunehmenden Zahl toter Vögel dringend, dort, wo sie entdeckt werden, Vogeltränken und Fütterungen sofort einzustellen. Denn infizierte Vögel hätten oft viel Durst und können sich vor allem an den Tränken anstecken.