Wie geht's den Bibliotheken in der Seenplatte, Herr Witt?
Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Wie geht es den Bibliotheken des Landes?
Im Grunde geht es den Bibliotheken im Land gut. Das liegt größtenteils am großen Engagement, das Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den jeweiligen Häusern an den Tag legen. Sie sind Herz und Seele einer Bibliothek und sorgen dafür, dass die Angebote attraktiv sind. Ich bewundere dieses Engagement sehr.
Was sind die größten Probleme momentan?
Die meisten Bibliotheken im Land sind Ein-Frau- oder Ein-Mann-Bibliotheken. Oftmals ist die Personaldecke zu dünn, da Bibliotheken sogenannte freiwillige Leistungen sind und sich eine Kommune somit dieses Angebot leisten können muss. Trotz Unterstützung seitens des Landes, gerade bei Investitionen, sind Bibliotheken eine rein kommunale Angelegenheit. Fehlt also das Geld, muss eine Bibliothek oftmals schließen.
Hinzu kommt, dass auch uns der Nachwuchs fehlt. Das ist das zweite große Problem. Wir planen eine Ausbildungsinitiative, doch dies ist aufgrund der unterschiedlichen Größen der Einrichtungen und der unterschiedlichen Zuständigkeiten eine Herausforderung. Das dritte große Problem sind die Krisen der letzten Jahre.
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Welche Auswirkungen hatte das Corona-Geschehen?
Große Auswirkungen. Dadurch, dass die Bibliotheken lange geschlossen waren und dann später nur eingeschränkt geöffnet, haben wir unsere Kernkompetenz nicht zeigen können und das sind Veranstaltungen. Mit Veranstaltungen kommen Besucherinnen und Besucher in die Bibliotheken und so schaffen wir die Verbindung zu den anderen Angeboten. Das alles muss nun aufgeholt werden.
Gibt es Folgesymptome?
Auch hier ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. Beim Projekt „FerienLeseLust“, bei dem Schülerinnen und Schüler in den Ferien so viele Bücher wie möglich lesen sollen, haben sich die Zahlen von 2019 zu 2021 halbiert. Weil eben der Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern fehlte. Dies konnten die Bibliotheken 2022 wettmachen und wir haben nun wieder die guten Zahlen wie 2019, teilweise sogar besser. Bei den Besucherzahlen werden die Veranstaltungen, die 2023 auf dem Plan stehen, für eine Belebung sorgen.
Wie viele Nutzer haben die Bibliotheken?
Die Nutzerzahlen stagnieren eher. Was aber erfreulich ist, sind die Zugriffe auf die Onleihe MV, also den digitalen Ausleihservice der Bibliotheken im Land. Da haben sich die Zahlen von 2017 zu 2021 fast verdoppelt. Wir liegen dort bei knapp 700.000 Online-Entleihungen bei 43 teilnehmenden Bibliotheken. Das stimmt uns optimistisch und zeigt, dass die Bibliotheken zeitgemäße Angebote vorhalten.
Wie alt ist der durchschnittliche Nutzer?
Eine derartige Statistik ist mir nicht bekannt. Ich kann aber versichern, dass wirklich jedes Alter unter den Nutzenden vertreten ist. Daher gehe ich davon aus, dass wir uns da am bundesdeutschen Durchschnitt von unter 50 Jahren orientieren können.
Wie hoch ist der Anteil an Onleihe-Ausleihen?
Bei 4,3 Millionen physischen Entleihungen und 700.000 Online-Entleihungen liegt die Quote bei rund 13 Prozent.
Welche Neuerungen stehen an?
Bei den wissenschaftlichen Bibliotheken geht es um viele Digitalisierungsprojekte bis hin zum digitalen Pflichtexemplar. Bei den öffentlichen Bibliotheken werden weitere „Technotheken” hinzukommen. Dabei wird vor Ort die Verbindung zwischen Literatur und Experimenten geboten. Gerade für Schülerinnen und Schüler ist das eine spannende Sache. Und alle Bibliotheken eint die schon angesprochene Personal- und Ausbildungsthematik. Ein Dauerthema.
Wie viele Bücher haben Sie in diesem Jahr gelesen?
Leider nicht viele. Ich denke, es waren drei.
Wie viele ausgeliehen?
Keines. Aber ich nutze den Online-Service „filmfriend“ der Bibliothek sehr häufig. Ein Streamingportal für Qualitätsfilme, Archivmaterial und Dokumentationen. Und alles in der Nutzungsgebühr der Bibliothek inklusive.
Ihr absolutes Lieblingsbuch?
Ich lese die Bücher oft nicht im Erscheinungsjahr. Aber „Pfoten vom Tisch!“ von Hape Kerkeling war für mich als Katzenliebhaber Pflichtlektüre. Ansonsten lese ich sehr gern Bücher über die Geschichte Neubrandenburgs und da gab es ja in letzter Zeit einiges. Liegt auf dem viel zitierten Stapel.