Jugendamt Seenplatte

2019 schon 50 Kinder aus ihren Familien geholt

Seenplatte / Lesedauer: 3 min

Das Jugendamt der Seenplatte braucht im kommenden Jahr mehr Geld. Für den Kosten-Anstieg sorgt dabei nicht nur die Kostenbefreiung für Eltern von Kitakindern.
Veröffentlicht:26.10.2019, 18:55
Aktualisiert:06.01.2022, 14:46

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Das Jugendamt in der Seenplatte wird im kommenden Jahr mehr Geld ausgeben als 2019. Im vorläufigen Haushaltsentwurf sind für 2020 rund 50 Millionen Euro eingeplant. Das sind zehn Millionen Euro mehr als noch im Jahr 2019 und knapp zehn Prozent des geplanten Gesamthaushalts des Landkreises.

Für die enorme Steigerung sorgt einerseits die Novelle des Kitaförderungsgesetzes. Das erlaubt zwar den Eltern von Kita-Kindern, ihre Sprösslinge ab dem 1. Januar kostenlos in die Einrichtung zu bringen. Allerdings kommen damit auf den Landkreis Mehrkosten von mehreren Millionen Euro zu.

Auch die sogenannten Hilfen zur Erziehung (HzE) für Familien mit Problemen sowie die Eingliederungshilfe für psychisch behinderte Kinder und Jugendliche schlagen mit jeweiligen Mehrkosten von 2,2 Millionen und 1,1 Millionen Euro zu Buche. Die Fallzahlen für die HzE steigen dabei seit Jahren, merkt Peter Ritter (Linke), Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, an. Das liege unter anderem auch daran, dass das Jugendamt chronisch unterfinanziert sei. Wenn man mehr Geld in die Prävention stecken könnte, dann bräuchte man hinterher viel weniger Geld für Hilfen zur Erziehung oder andere Maßnahmen auszugeben. Leider bewege sich das Land hier kaum, kritisierte er.

Die blanken Zahlen des Jugendamts bestätigen die Ansicht Peter Ritters. Für den Bereich Hilfen zur Erziehung sind im Jahr 2020 insgesamt 22,9 Millionen Euro geplant, erklärte Frank Schwebke, Leiter des Allgemeinen Sozialpädagogischen Dienstes, bei der Sitzung des Jugendhilfeausschusses der Seenplatte am Donnerstagabend in der Kreisstadt.

200.000 Euro Kosten für extremen Betreuungsfall

Auch die Zahl der Kindeswohlgefährdungen im Landkreis Seenplatte steige von Jahr zu Jahr an, sagte Peter Schwebke. Im Jahr 2018 seien rund 600 Meldungen beim Jugendamt eingegangen, betroffen waren 1006 Kinder und Jugendliche. Damit sei eine „Schallmauer“ durchbrochen worden. Im Jahr 2019 waren es bis jetzt 838 Fälle. „Ich gehe davon aus, dass wir noch mal eine Steigerung haben“, so Schwebke. Im Jahr 2018 habe man 54 Kinder sogar aus ihren Familien herausnehmen müssen, in diesem Jahr sei man bereits bei rund 50 Inobhutnahmen. Bis Jahresende werden es wohl noch mehr.

Aber die Zahl der vielen Meldungen sei auch ein Beleg dafür, dass das hiesige Verbundnetzwerk Kinderschutz funktioniere: eine gemeinsame Initiative von Jugendamt, Schulen, anderen Behörden, Medizinern und anderen Akteuren. „Das erlaubt uns schneller zu reagieren“, so Schwebke.

„Kinderschutz fängt nicht erst an, wenn es zu Schaden gekommen ist, sondern bei Fort- und Weiterbildungen des Netzwerkes bei Feuerwehren und Vereinen. Denn dort sitzen auch Mütter und Väter, Nachbarn und Großeltern“, sagte Marion Schild, stellvertretende Leiterin des Jugendamtes. Trotzdem sei man sich bewusst, dass man nicht jedes Kind schützen könne, so Jugendamtschefin Anja Zörner. Das Verbundnetzwerk Kinderschutz sei sehr hilfreich, aber auch kein Allheilmittel. Es sei erschreckend, was man in manchen Familien vorfinde. „Das kann man sich nicht vorstellen“, sagte sie.

Allein 9,5 Millionen Euro plant der Landkreis nächstes Jahr für die Heimerziehung von Kindern und Jugendlichen ein – 1,1 Millionen mehr als 2019. Auch hier werde die Fallzahl ansteigen, prognostizierte Frank Schwebke. In diesem Jahr habe man einige besondere Fälle mit extremem Betreuungsaufwand gehabt – durch Vernachlässigung oder Misshandlung. Das verursache eben auch Kosten. Ein besonders extremer Fall habe sogar mit 200.000 Euro zu Buche geschlagen, so Frank Schwebke.