Porträt
Das bewegte Leben des Orgelspielers von der Müritz
Waren / Lesedauer: 3 min

Miriam Brümmer
Auf seiner Drehorgel spielt Jens Perleberg schon lange nicht mehr nur Bach, Beethoven oder Mozart, auch wenn die Stücke so wie die „Berliner Lieder“ sehr gut bei den Leuten ankommen, wie er sagte. In Waren ist er mit Hut und seiner schönen, rein mechanischen Drehorgel ohne technischen Schnickschnack oft am Ufer der Müritz in Hafennähe zu sehen. Meist ist die in Berlin gebaute Original Stüber-Drehorgel schon von weitem zu hören. Es sei wichtig, immer gleichmäßig die Kurbel zu drehen, erzählte er und demonstrierte das mit wahrer Leidenschaft. Waren.
Er wollte schon immer eine Drehorgel spielen und kaufte sich das Instrument vor 19 Jahren. Doch erst mit der Rente kam auch die Zeit dafür. Die Corona-Pause nutzte er, um sich von den Welthits der 90er Jahre neue Titel auszuwählen, die er auf Notenbänder lochen ließ. Der modernste Titel ist von Michael Jackson. Wer also wissen möchte, wie „Heal the world“ auf einer Drehorgel klingt, kann dies derzeit am Warener Hafen hören.
Doch nicht immer ist der gebürtige Pommer Jens Perleberg dort anzutreffen. Er ist trotz seines Alters noch viel beschäftigt, spielt auch in Demmin, Güstrow und Wittstock. Dass er noch lebe, sei Glück, findet der 77-Jährige. Er hatte ein bewegtes Leben, war Geschäftsführer in der Gastro-Branche, leitete Häuser in Scharnebeck, unter anderem ein Hotel, ein Restaurant, eine Fischräucherei.
Orgel-Geld spendet er an Hilfsorganisationen
Zwei Hundesportvereine hat Jens Perleberg gegründet. Er war Polizeihundetrainer und Pferdetrainer für die Olympischen Spiele, er entschied Meisterschaften im Motorradrennen für sich, wie er sagt. Und als ob das nicht genug war, organisierte er regelmäßig Flohmärkte mit bis zu 650 Ausstellern und 12 000 Besuchern. Außerdem veranstaltete er Open-Air-Festivals mit ebenso hohen Besucherzahlen, „bis ich eines Tages auf einer solchen Veranstaltung zwischen den Buden zusammenbrach“, erinnerte er sich.
Dieser Lebensstil und ein starker Zigarettenkonsum haben ihm einen Herzinfarkt eingebracht, wie er sagte. Sein Arzt riet ihm dringend, den Stress zu reduzieren. Viele Tätigkeiten hat er abgeben und das Rauchen noch im Krankenhaus aufgegeben. Das Tourismusgeschäft in Scharnebeck hat eine seiner zwei Töchter übernommen – aber ohne Festivals und Flohmärkte.
Noch heute sitzt Jens Perleberg zwei, manchmal drei Stunden täglich vor dem Laptop, um in Scharnebeck Tourpakete mit Schifffahrten, Imbiss und Kultur zu organisieren. Reisegruppen, die sich das Schiffshebewerk in Scharnebeck – ein Wunderwerk der Ingenieurskunst – ansehen wollen, bekommen von ihm das komplette Paket. Nach etwa dreißig Jahren will er das aber auch das an einen Nachfolger abgeben: „Das macht mir Spaß, aber man muss den Punkt finden, an dem es genug ist“, sagte er.
Über die Sommermonate lebt er in Bülow am Malchiner See. Hier habe er sein Paradies gefunden, weil er auch sehr gerne angelt, am liebsten von seinem Boot aus, allerdings nur über die Sommermonate. Im Winter lebt er im spanischen Andalusien an der Costa del Sol, inmitten der Häuser der einheimischen Fischer, die dort noch übrig sind. „Das Klima dort ist nachweislich am besten für die Gesundheit“, sagt er – mit seinem Rückenleiden könne er im Winter nicht in Deutschland bleiben.
Durch die Musik habe er viele Freunde in Spanien gefunden. Geld verdienen könne er mit der Orgel in Spanien aber nicht. Geld, welches er beim Musizieren vor allem in Deutschland sammelt, behält er nicht für sich: Perleberg spendet es entweder an die Helmut-Brockelmann-Hilfsinitiative zur Unterstützung Hilfsbedürftiger oder der Jugendarbeit in Scharnebeck oder an eine Organisation einer polnischen Stadt, die jungen Menschen mit Behinderungen zur Seite steht.