Das erste Gerichtsurteil in der Awo-Affäre
Waren / Lesedauer: 3 min

Oberstaatsanwältin Claudia Lange gibt sich professionell – freundlich aber bestimmt betont die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Schwerin seit Monaten gebetsmühlenartig: „Es gibt nichts Neues. Wir sichten und analysieren Materialien, verhören Zeugen. Die Ermittlungen sind komplex und dauern weiter an.“ Seit 15 Monaten ist die Awo-Affäre ein Fall für die Staatsanwaltschaft – zunächst in Neubrandenburg, seit Ende vergangenen Jahres liegen die Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue gegen Ex-Awo-Müritz-Geschäftsführer Peter Olijnyk und Ex-Vorstandschef Götz-Peter Lohmann in der Landeshauptstadt. Dort sitzt eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Sachen Wirtschaftsdelikte.
Doch damit nicht genug, die Schweriner überprüfen seit Ende Juli auch die Rechtmäßigkeit der sogenannten Investitionspauschale, die seit Jahren in Awo-Einrichtungen erhoben werden – in diesem Fall konkret im Awo-Pflegeheim in Penzlin. 9,83 Euro muss jeder Bewohner dort täglich zahlen. „Da kommen über die Jahre Hunderttausende Euro zusammen. Wo ist das Geld hin? Mir kommen die Tränen, wenn ich sehe, unter welch erbärmlichen Verhältnissen meine Mutter hier leben muss“, hatte sich eine Angehörige einer Bewohnerin bereits im Mai auf einer Veranstaltung im Pflegeheim Penzlin Luft gemacht.
Staatsanwältin tritt Spekulationen entgegen
Zumal nach Recherchen des Nordkurier in anderen Einrichtungen der Awo Müritz noch wesentliche höhere Investitionspauschalen erhoben werden. Beispielsweise im Medizinisch-Pflegerischen-Versorgungszentrum (MPVZ) in Waren. Dort müssen Bewohner täglich 22,55 Euro für etwaige Investitionen berappen.
Noch seien es Überprüfungen, die die Staatsanwaltschaft anstelle, macht Claudia Lange deutlich: Erst wenn es im Zusammenhang mit der Investitionspauschale tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat gebe, würden die Überprüfungen in Ermittlungen münden. Und noch etwas merkt die Oberstaatsanwältin an: „Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue und auch die Überprüfungen hinsichtlich der Investitionspauschale laufen völlig unabhängig von den zivilrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Peter Olijnyk und seinem alten Arbeitgeber, der Awo Müritz.“ Hintergrund dieser Klarstellung: Rund um die Awo-Affäre wird immer wieder spekuliert, dass die Staatsanwaltschaft Schwerin erst das Ergebnis des Zivilprozesses vor dem Landgericht Neubrandenburg abwarte, ehe sie selbst die Entscheidung treffe, ob Anklage gegen Olijnyk und Lohmann erhoben werde.
Noch vor Urteil neuer Geschäftsführer?
Ob Olijnyk von der Awo Müritz vermeintlich noch ausstehende Gehaltszahlungen erstattet bekommt oder im Gegenzug selbst Regressforderungen an die Awo leisten muss, entscheidet sich am 12. Oktober. Für diesen Tag hat das Landgericht Neubrandenburg den Verkündungstermin festgesetzt. Awo und Olijnyk haben sich gegenseitig auf finanzielle Entschädigungen im mittleren sechsstelligen Bereich verklagt.
Wohl noch vor dem 12. Oktober dürfte feststehen, wer der Nach-Nachfolger Olijnyks auf dem Geschäftsführerposten der Awo Müritz wird. Nachdem die Personalie zunächst Anfang September, dann Mitte September bekanntgegeben werden sollte, könnte der neue starke Mann oder die neue starke Frau in der Awo-Geschäftsstelle auf dem Mühlenberg nach Recherchen des Nordkurier jetzt in den nächsten Tagen vorgestellt werden.