„Besonders friedfertig”

Ex-Polizeichef bricht Lanze für Fusion-Festival

Lärz / Lesedauer: 4 min

Siegfried Stang war bis 2015 für die Einsätze beim Fusion-Festival zuständig – er glaubt, dass sich Polizeipräsident Nils Hoffmann-Ritterbusch nur profilieren will.
Veröffentlicht:09.05.2019, 18:15
Aktualisiert:06.01.2022, 14:22

Von:
  • Author ImageGabriel Kords
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Es sind deutliche Zeilen, mit denen sich Siegfried Stang an den Nordkurier gewandt hat (hier nachzulesen in voller Länge) – und sie enthalten scharfe Kritik am Verhalten der aktuellen Polizeiführung, namentlich am Polizeipräsidenten Nils Hoffmann-Ritterbusch. Stang war bis 2015 Leiter der Polizeiinspektion Neubrandenburg, die für den gesamten Landkreis Mecklenburgische Seenplatte zuständig ist.

Stang, der inzwischen pensioniert ist, schreibt, in dieser Funktion sei er bis 2015 für die polizeiliche Begleitung des Festivals zuständig gewesen - wie man zum Beispiel in diesem Nordkurier-Artikel nachlesen kann. Stang erinnert sich: „In all den Jahren lief das Festival ruhig und ohne besondere Störungen ab. Die Klientel kann man als besonders friedfertig bezeichnen.”

Polizei-Forderung „sowohl in sachlicher wie in rechtlicher Hinsicht grob abwegig”

Weiter heißt es in Stangs Stellungnahme, die Fusion sei „keine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes, da es den Teilnehmern nicht darauf ankommt, in öffentlichen Angelegenheiten eine politische Aussage zu machen.” Zwar sei die Polizei in einem Einsatzfall – „also bei einer polizeilich bedeutsamen Störung oder einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung” – sicher berechtigt, das Gelände zu betreten und dürfe deswegen vorsichtshalber auch unmittelbar am Zugang zu dem Gelände bereit sein. Dies reiche dann aber auch „einsatztechnisch vollständig aus”.

Schon deshalb findet Stang die neue Forderung, der Polizei auf dem eingezäunten Gelände einen Platz einzuräumen „sowohl in sachlicher wie in rechtlicher Hinsicht grob abwegig”.

Lesen Sie hier alle Artikel zum Fusion-Festival.

Stang: Polizeipräsident will sich profilieren

Für Stang ist klar: „Einiges spricht dafür, dass Herr Hoffmann-Ritterbusch die Angelegenheit deshalb an sich gezogen hat (normalerweise ist die Polizeiinspektion zuständig), um in der Öffentlichkeit Aufsehen zu erregen und sich zu profilieren.” Für ihn sieht es so aus, „als wolle er deshalb Einfluss nehmen und seinen Willen um jeden Preis durchsetzen.” Die Betroffenen könnten Hoffmann-Ritterbuschs Verhalten als „Gängelei-Versuch” verstehen.

Zu guter Letzt betont auch Stang, was am Mittwoch die Fusion-Veranstalter auf ihrer Pressekonferenz in Berlin betont hatten: „Ohnehin ist originär die Ordnungsbehörde zuständig, die Polizei nur subsidiär.”

Ansehen einer ganzen Region nimmt Schaden

Der Polizeidirektor im Ruhestand kommt zu dem Schluss: „Es wäre bedauerlich, wenn das Ansehen der ganzen Region wegen mutmaßlicher Profilierungsversuche eines relativ unerfahrenen Polizeipräsidenten Schaden nähme. Zudem stellt das Festival einen nicht unerheblichen lokalen Wirtschaftsfaktor und eine touristische Empfehlung der Seenplatte dar.” Ähnlich hatte sich auch schon der amtierende Bürgermeister von Mirow, Henry Tesch (CDU) geäußert.

Wer Stangs Anmerkungen liest, muss wissen, dass Stang selbst gern dort gesessen hätte, wo Hoffmann-Ritterbusch heute sitzt. Er hatte sich im vorigen Jahr mit einer Strafanzeige wegen Untreue gegen Innenminister Lorenz Caffier (CDU) über die Beförderungspraxis in der Landespolizei mokiert. Das Verfahren war von der Staatsanwaltschaft allerdings eingestellt worden, die Polizeiführung hatte auf Stangs Vorwürfe seinerzeit allerdings ungewohnt empfindlich und mit einem scharfen Gegenangriff reagiert. Stang sei ein Mensch, „der es persönlich nicht verwunden hat, es aufgrund von Nichteignung nicht in das Endamt seiner Laufbahn geschafft zu haben.” Stang war 2015 kurz vor dem Ende seiner Laufbahn innerhalb der Polizei regelrecht kaltgestellt worden – auch damals berichtete der Nordkurier. Stang waren damals viele seiner ehemaligen Weggefährten zur Seite gesprungen und hatten betont, Stang sei zwar "ein ausgemachter Pedant" gewesen, habe fachlich aber stets korrekt gearbeitet. Auch der Neubrandenburger SPD-Abgeordnete Manfred Dachner hatte sich für ihn verbürgt.

Polizeiführung will sich nicht äußern

Die Polizeiführung in Neubrandenburg wollte sich zu den Vorwürfen Stangs nicht äußern. Man wolle sich über die Pressekonferenz von Dienstag hinaus nicht äußern, weil das Verfahren noch laufe und bitte „höflichst um Verständnis.”

Verständnis hat derweil auch Innenminister Caffier – allerdings nicht für Stang, sondern für Polizeipräsident Hoffmann-Ritterbusch. „Dem Minister sind die Einschätzungen und Forderungen zum Sicherheitskonzept bekannt, und er teilt diese“, sagte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag. Sie würden angesichts des Unglücks bei der Love Parade in Duisburg 2010 geradezu angemessen erschienen.