Fusion

Exklusiver Einblick - So wird auf der Fusion gefeiert

Lärz / Lesedauer: 4 min

Akrobatik, riesige Wildschweine und Fische, die im Nebelrausch unter der Shelterdecke flirren — das ist der Beginn der Fusion.
Veröffentlicht:29.06.2023, 16:48

Von:
  • Elke Enders
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Hallo…, „sind im Boot und werden ganz schön beschallt, da müsst Ihr wahrscheinlich noch mehr aushalten, liebe Grüße und hoffentlich eine gute Nacht.“ Die, die das per WhatsApp kurz vor 23 Uhr am Mittwoch in den Äther schicken, hatten den Wind gegen sich. Und das hieß gleich zu Beginn des Fusion–Festivals in der Nacht zu Donnerstag: maximale Dröhnung im Bereich der Südmüritz für alle Schlafsuchenden.

Insgesamt werden bei der Fusion etwa 70.000 Gäste erwartet (Foto: Elke Enders)

Etwas, was sich auf dem Gelände des Kulturkosmosvereins, inmitten der Feiernden und von zig Bühnen umgeben, vergleichsweise milde anfühlte. Aber auch das ist längst bekannt. Im 24. Jahr der Fusion bleibt der Geräuschpegel für die Anwohner je nach Windrichtung eine Strapaze, während es auf dem Platz gar nicht so wahrzunehmen ist. Dennoch, die Mehrzahl der Einheimischen liebt ‚ihr‘ Festival, das eine willkommene Abwechslung im ländlichen Alltag darstellt.

Philosophieren über Wildschweine

„Und? Fuchs oder Wolf?“ Die Mittdreißigerin, die auf mich zusteuert, blickt auf das große Holzungetüm… Keiner von beiden, antworte ich. Bei näherem Hinsehen erschließt sich auch die Botschaft des Künstlers. Auf nebenstehender Schautafel wird über Wildschweine philosophiert, alle wichtigen Eckdaten rund um das reichliche Vorkommen der Spezies, die hier den Landwirten beim Maisanbau das Leben schwer macht, sind darauf nachlesbar. Bei der Fusion allerdings ist der überdimensionale Schwarzkittel mit den mystisch anmutenden leeren Augen und den Rauchschwaden daraus ein wahres Highlight, seine Wirkung bei Nacht ist immens.

Was auch als Wolf oder Fuchs durchgehen könnte, wird auf einer Tafel als Wildschwein identifiziert. (Foto: Elke Enders)

Geistervögel draußen und drinnen ruhige Musik

Doch lange Verweilen ist nicht, das „Neuland“, ein verschlungener, leicht finsterer Bereich auf dem Veranstaltungskorridor, wird seinem Namen in diesem Jahr besonders gerecht. Überall kleine, aber feine Hingucker, meist handgefertigt, darunter technische Errungenschaften, wie das schaukelgetriebene Riesenkarussell mit den schnabelbewegenden Geistervögeln daran. Dann der flache Zeltpavillon, der einfach nur von außen mit bunten, rhythmisch wechselnden Strichen angestrahlt wird — drinnen ganz ruhige, entspannende Musik, davor lodernde Feuer. Alles pilgert geruhsam, es ist noch soviel Platz auf dem Gelände in dieser ersten Nacht.

Ein Schlagzeuger mit Hundemaske

Auf der Bühne im „Neuland“ hat sich die Band „Fat Dog“ aufgebaut, der Schlagzeuger hat eine Hundemaske auf, die Leute davor kreischen amüsiert. Sehr viel Power strahlt der Anheizer im schräg anmutenden Pulli aus, und Männlein wie Weiblein tanzen, gröhlen und gehen zeitgleich in die Knie. „Die Jungs haben’s richtig drauf, die muss ich mir gleich vormerken“, plappert ein Tanz–Nachbar auf mich ein, während er im Programmheft blättert und seine Kreuzchen macht. Überhaupt, alle wirken freundlich, ‚chillig‘, offen und aufmerksam für all die kleinen neuen, manchmal auch versteckten Raffinessen, die sich die unzähligen freiwilligen Kreativen, Mitstreiter, Gruppen und Kollektive aus aller Herren Länder wieder haben einfallen lassen.

Sieht aus wie eine großes Schiff. Besondere Kulissen gehören zur Fusion dazu. (Foto: Elke Enders)

Die beiden großen Dancefloors sind noch abgesperrt

Und auch die großen Bauten sind teilweise neu herausgeputzt. „Wahnsinn, wie das wirkt“, hält Torsten die Kamera gebannt auf das angedeutete Deck. Vor ihm eine Art Schiff, was eigentlich aber der Casino–Hangar ist. Und wer sich noch nicht ganz sicher ist, welches Thema hier der Sinngeber war, kann im Inneren unter der halbrunden Shelterdecke unzählige Riesenfische erkennen, die durch die dicke, neblige Luft flirren, während die Musiker sich fürs nächste Konzert rüsten.  Noch warten müssen die Fusionisten in der ersten Nacht auf die beiden großen Dancefloors, die Turmbühne und die Seebühne. Hier flattern statt Glimmer– und Glitzerstreifen noch rot–weiße Absperrbänder im Wind — der dann hoffentlich ein Freund der Anwohner ist.  Eröffnung ist erst zur zweiten Nacht …

Theater, Theater — an der ruhigen Seeseite

Aber auch Theaterstücke gab es schon, so auf der ruhigen Seeseite beim Toto–Club… Akrobatik an Stangen — kennt man schon? Braucht man nicht zu sehen? Weit gefehlt: Das Publikum war angesichts der einstündigen Non–Stopp–Höchstleistungs–Performance völlig geflasht. „Sowas muss man einfach sehen“, war beim Publikum zu vernehmen.