Kreiselternrat sammelt Beschwerden
Im Schüler-Verkehr müssen Kinder schon auf dem Boden sitzen
Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Robin Peters
Einige Busse im Landkreis sind trotz Corona offenbar zum Teil so voll, dass sich Kinder mit schwachen Beinen auf dem Schulweg auf den Boden setzen müssen. Mancherorts hält der Bus wohl gar nicht an, weil schon zu viele drin sind. Und die Fahrzeiten gestalten sich aus Sicht vieler Betroffenen alles andere als flexibel. Die Mitglieder des Kreiselternrates der Mecklenburgischen Seenplatte wühlen sich noch immer durch Berge von Beschwerden empörter Eltern. Mit einem Brandbrief hatten sie Mütter und Väter dazu aufgerufen, ihre Sorgen und Nöte über den Schülerverkehr vor Ort zu schildern. „Sie transportieren das Wichtigste, was wir haben“, sagt Torsten Zarnikow aus dem Kreiselternrat. Das Gremium hat es sich deshalb zum Ziel gesetzt, Missstände dieser Art schnellstmöglich zusammenzutragen.
Bis Ende September erreichten rund 70 Hinweise die Mitglieder des Kreiselternrates. Überfüllte Busse beklagen Betroffene laut ihrer Sprecherin, Sophie Popek, in nahezu allen Ecken des Landkreises. Mit langen Wartezeiten ärgern sich offenbar sowohl Kinder auf Pendel-Touren innerhalb von Neubrandenburg als auch in die Städte Waren oder Penzlin herum. Denn der Busverkehr würde nicht auf geänderte Schulzeiten während der Krise reagieren. Aus der Müritzregion kamen laut Torsten Zarnikow schätzungsweise doppelt so viele Beschwerden wie aus anderen Teilen der Mecklenburgischen Seenplatte. „Es geht einfach darum, Geld zu sparen“, so die Einschätzung von Torsten Zarnikow, der sich bereits mit verschiedenen Beteiligten ausgetauscht hat.
Busse fahren im 15-Minuten-Takt
Torsten Grahn von der Mecklenburg-Vorpommerschen Verkehrsgesellschaft (MVVG), die den Busverkehr im Landkreis organisiert, nimmt die aktuelle Lage demgegenüber ganz anders wahr. So seien die Busse in der Hauptbeförderungszeit derzeit teilweise nur zu 80 Prozent ausgelastet. Stehplätze würden im Öffentlichen Personennahverkehr schlichtweg zur Kapazitätsplanung gehören. Da auch jeder andere Fahrgast die Busse nutzen dürfe, könnten die Fahrpläne nicht beliebig an Schulzeiten angepasst werden. Zwischen Waren, Penzlin und Neubrandenburg verkehren die Busse dem Geschäftsführer zufolge im „komfortablen Stundentakt“.
Innerhalb der Kreisstadt liegt das Fahrgastaufkommen nach Angaben der Neubrandenburger Verkehrsbetriebe (NVB) während des Schülerverkehrs bei rund 85 Prozent. Eingesetzt werden zu dieser Zeit extra 18 Meter lange Gelenkfahrzeuge – auch hier mit Sitz- und Stehplätzen. „Die Busse gelten deshalb auch erst dann als ausgelastet, wenn alle Stehplätze besetzt sind. Dass Schüler in unseren Bussen auf dem Boden sitzen, können wir nicht bestätigen“, so NVB-Sprecherin Steffi Schwabbauer. In der Stadt würden die wichtigsten Buslinien zwischen 6.30 Uhr und 7.30 Uhr im 15-Minuten-Takt fahren. „Um einer Überlastung der Busse entgegenzuwirken, werden zudem im morgendlichen Schülerverkehr auf einzelnen Strecken Verstärkerbusse eingesetzt.“ Dann fahren den Angaben zufolge zwei Busse gleichzeitig die Haltestellen an. Zum Schutz der Fahrgäste würden die Fahrzeuge und Fahrgasträume regelmäßig desinfiziert, das Tragen einer Maske sei ohnehin verpflichtend.
Kreiselternrat fordert Busengel
Torsten Zarnikow aus dem Kreiselternrat wünscht sich für die Region zumindest ein Busengel-Projekt, wie es in Nordwestmecklenburg schon geraume Zeit unterstützt wird. Bei diesem Programm erhalten ältere Schüler eine Ausbildung in Konfliktprävention. Auch in der aktuellen Krisensituation könnten diese Schüler nach Zarnikows Einschätzung auf nötige Abstände und die Einhaltung anderer Schutzmaßnahmen achten. „Das wäre vorläufig die beste Lösung“, sagt Zarnikow. Denn die derzeitigen Zustände würden die Schüler nachhaltig prägen. „Die Kinder müssen sich im öffentlichen Nahverkehr wieder wohlfühlen“, sagt Zarnikow. Andernfalls würden sie Busse und Züge im Erwachsenenalter mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr nutzen.
Noch in diesem Monat wollen die Mitglieder des Kreiselternrates alle Zuschriften zusammensammeln und sich über das weitere Vorgehen austauschen.